„Eingereichte Artikel sollen eine klare These formulieren.“ – Interview mit Redaktionsmitglied Michael Korbmacher zur Zeitschrift PERIPHERIE – Politik • Ökonomie • Kultur

Cover "PERIPHERIE – Politik • Ökonomie • Kultur"

Wie ist die Beitragsauswahl bei unserer Zeitschrift PERIPHERIE – Politik • Ökonomie • Kultur strukturiert und organisiert? Worauf legt die Redaktion bei eingereichten Beiträgen Wert? Wir haben mit Michael Korbmacher – Mitglied der Redaktion sowie der Schwerpunktredaktion für das aktuelle Heft 169-170 – über die Zeitschrift gesprochen.

 

Über die Zeitschrift PERIPHERIE – Politik • Ökonomie • Kultur

Die PERIPHERIE befasst sich aus interdisziplinärer Perspektive mit Politik, Ökonomie, Kultur und Gesellschaft in der ungleichen kapitalistischen und post-kolonialen Welt. Die Zeitschrift fordert und fördert die kritische Auseinandersetzung und Diskussion zwischen Nord und Süd, zwischen Wissenschaft und Bewegung, zwischen Theorie und Praxis. Die Artikel diskutieren Themen wie Globalisierung, Demokratisierung, ökonomische und ökologi­sche Krisen, Rassismus sowie Geschlechter- und Klassenverhältnisse.

 

Lieber Michael Korbmacher, womit befasst sich die Zeitschrift PERIPHERIE thematisch?

Die PERIPHERIE befasst sich vorwiegend mit Herausforderungen, die durch das Macht- und Wohlstandsungleichgewicht zwischen Globalem Süden und Globalem Norden entstehen. Diese Problematiken geht sie mit Methoden qualitativer Sozialwissenschaft an. Sie versucht dabei, sich mit dem Globalen Süden zu solidarisieren.

 

Welche Rolle und Aufgaben haben Sie innerhalb des Redaktion inne? Seit wann sind Sie dabei, welche Bereiche betreuen Sie etc.?

Ich bin seit Anfang 2002 bei der PERIPHERIE. Seitdem obliegt mir im Wesentlichen die Organisierung der Redaktionsarbeit. Dazu gehört unter anderem, den Überblick darüber zu behalten, welche Ausgaben geplant und welche Artikel dafür vorliegen oder noch eingereicht werden müssen. Ferner muss ich im Auge behalten, wie der Produktionsprozess der einzelnen Ausgaben voranschreitet. Darüber hinaus bin ich für den Drucksatz und den Kontakt zum Verlag verantwortlich.

Als Redaktionsmitglied entscheide ich aber auch darüber mit, welche Artikel veröffentlicht werden. Außerdem betreue ich zusammen mit Jörg Handrack den Rezensionsteil. Insbesondere redigiere ich alle eingehenden Rezensionen.

 

Wie ist die Beitragsauswahl bei der PERIPHERIE strukturiert und organisiert? Worauf legen Sie und die Redaktion bei eingereichten Beiträgen besonderen Wert?

Eingereichte Artikel sollen eine klare These formulieren und diese auf dem aktuellen Stand der Forschung argumentativ begründen. Dabei legen wir Wert auf:

  • Klarheit der Gliederung
  • Logik der Argumentation
  • Klarheit der Sprache
  • innovativen Gehalt
  • politische Relevanz

Die Artikel durchlaufen ein mehrstufiges Auswahlverfahren: Zunächst entscheidet die Redaktion anhand der genannten Kriterien, ob sich ein Artikel überhaupt für die Zeitschrift eignet. Sofern dieses Urteil positiv ist, werden sie von zwei externen Expert*innen in einem doppelt blindem Verfahren begutachtet: Weder erfahren die Gutachter*innen die Namen der Autor*innen, noch diese die Namen jener. Anschließend müssen die Autor*innen ihre Artikel entsprechend den Anregungen aus der Redaktion und den Empfehlungen aus den Gutachten überarbeiten. Erst wenn die überarbeitete Fassung eines Artikels vorliegt, entscheidet die Redaktion endgültig über die Veröffentlichung. In diesem Stadium des Verfahrens kommt eine Absage aber nur noch in Frage, wenn die Empfehlungen aus Redaktion und Gutachten nicht hinreichend umgesetzt wurden.

Seit einiger Zeit haben wir allerdings die Möglichkeit eingeführt, nicht begutachtete Beiträge zu veröffentlichen. Wir nennen sie Debattenbeiträge. Damit wollen wir rascher auf aktuelle Entwicklungen reagieren können.

Schließlich gibt es noch das PERIPHERIE-Stichwort, das zentrale Begriffe und Kategorien der Eine-Welt-Problematik in lexikalischer Art vorstellt.

 

Wie beurteilen Sie die aktuelle Lage und die Zukunft von wissenschaftlichen Zeitschriften? Wo sehen Sie hierbei die PERIPHERIE?

Dazu kann ich wenig sagen. Mir scheint aber, dass wissenschaftliche Zeitschriften generell eher prekär sind, zumindest solange sie nicht den politischen Mainstream bedienen. Das trifft auch auf die PERIPHERIE zu.

 

Welche Rolle spielt das Thema Open Access innerhalb der Redaktion?

Mir scheint, durch die Digitalisierung ist eine gewissen „Kostenlos-Mentalität“ entstanden: Programme und wissenschaftliche Erkenntnisse sollen möglichst kostenlos zur Verfügung stehen. Andererseits müssen Wissenschaftler*innen und Programmierer*innen auch von irgendeinem Einkommen leben. Solange sie eine feste Stelle haben, stellt dies kein Problem dar. Viele sind aber auch prekär oder gar nicht angestellt. Gerade im Globalen Süden können Autor*innen die Kosten für die Produktion von Artikeln, die open access zur Verfügung gestellt werden, nicht tragen. Die zunehmende Entwicklung in Richtung open access könnte also die Kluft zwischen Globalem Süden und Globalem Norden vertiefen. Wissenschaftliche Arbeiten aus dem Globalen Süden geraten dadurch tendenziell ins Hintertreffen. Auch die Redaktion der PERIPHERIE kann Autor*innen, Gutachter*innen und Übersetzer*innen keine Honorare zahlen. Von daher erscheint uns open access sehr ambivalent zu sein.

 

Kurzvita von Michael Korbmacher in eigenen Worten

Geboren 1958 in Bonn-Beuel, aufgewachsen in Bonn und Jülich, lebe ich seit 1978 in Münster. Dort habe ich bis 1988 kath. Theologie studiert. Seit 1983 bin ich verheiratet. Im Rahmen der Auseinandersetzungen um die Theologie der Befreiung und durch mein politisches Engagement habe ich mich in politisch-ökonomische, sozialwissenschaftliche und psychologische Themen eingearbeitet. 2002 bin ich bei der PERIPHERIE gelandet. Dort erhalte ich eine Aufwandsentschädigung. Zuvor waren wegen des Gehalts meiner Frau mehrere Versuche gescheitert, über Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen des Arbeitsamtes eine bezahlte Arbeit zu bekommen. 2007/8 war ich als Redaktionssekretär beim ARGUMENT angestellt. Leider hat die Zusammenarbeit mit den Herausgeber*innen nicht gut funktioniert. Danach habe ich erfolglos versucht, eine andere Anstellung zu finden. So geht mein ganzes Engagement in die Herstellung der qualitativ hochwertigen und optisch ansprechenden Zeitschrift.

 

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