Wie verändern Technologien Partizipation? Wir haben ein Interview mit Herausgeberin Sabrina Schenk zu ihrem neuen Buch Populismus und Protest. Demokratische Öffentlichkeiten und Medienbildung in Zeiten von Rechtsextremismus und Digitalisierung geführt.
Interview mit Sabrina Schenk
Liebe Sabrina Schenk, worum geht es in Populismus und Protest?
Die zehn Beiträge in diesem Buch beleuchten einerseits, wie sich die demokratischen Öffentlichkeiten in den letzten Jahren unter dem Eindruck neuer Medien, neuer Akteure, (rechter) Protestbewegungen und politischem Populismus verändert haben und fragen danach, was das für politische Bildung und Medienbildung bedeutet. Andererseits müssen auch die pädagogischen Kategorien selbst neu justiert werden: Wie lassen sich beispielsweise wissenschaftliche Aufklärung, normatives Urteilen, Kritik, Engagement und Empörung sinnvoll zueinander ins Verhältnis setzen?
Wie kamen Sie auf die Idee, dieses Buch herauszugeben? Gab es einen „Stein des Anstoßes“?
Es treibt wohl viele Menschen gerade das Gefühl um, dass sich in der Form der politischen Beteiligung und Kommunikation einiges verändert hat. Soziale Medien beeinflussen die Themen auf der politischen Agenda und ermöglichen Politikern eine direktere Kommunikation mit den Bürgern. Allerdings steigt auch das Risiko, dass der politische Diskurs emotionalisiert und durch die Verbreitung gefälschter Aussagen, Bilder und Videos manipuliert wird. Einige der Autor*innen und ich hatten den Eindruck, dass wir diese Situation besser verstehen, wenn wir sie mit pädagogischen Kategorien genauer untersuchen. Deshalb haben wir vor einigen Jahren auf dem Kongress unserer Fachgesellschaft dazu eine Arbeitsgruppe ausgerichtet, aus dem dann dieses Buch hervorgegangen ist.
Welche Aspekte der Erforschung (post-)digitaler demokratischer Öffentlichkeiten werden Ihrer Einschätzung nach künftig stärker in den Fokus rücken?
Die Fragen, wie sich diese neuen demokratischen Öffentlichkeiten theoretisch konzipieren und verstehen lassen, werden uns noch eine Weile beschäftigen, weil hier viele widersprüchliche Aspekte zusammentreffen. Die Beiträge im Buch enthalten dazu Vorschläge. Die Auswirkungen digitaler Infrastrukturen auf die Bildung digitaler Öffentlichkeiten und Protestformen werden in Zukunft zweifellos intensiver empirisch erforscht werden. Ebenso wird untersucht werden, welche Bedeutung dies für die Nutzenden dieser Infrastrukturen hat – also faktisch für uns alle. Auch ihr Einfluss auf die Transformation der Gesellschaft wird theoretisch stärker beleuchtet werden. Es ist dabei aber wichtig, die Diskussion über digitale Öffentlichkeiten nicht von der Diskussion über die Veränderung politischer und demokratischer Öffentlichkeiten zu trennen. Der Sammelband gibt hierzu einen Anstoß.
Wie würden Sie die Ergebnisse Ihres Bandes in maximal drei Sätzen zusammenfassen?
Proteste finden im digitalen Zeitalter neue Ausdrucksformen, mit denen sich die traditionellen demokratischen Öffentlichkeiten verändern. Dabei werden bisherige Kernkonzepte, Selbstverständnisse und Aufgabenzuweisungen der politischen Bildung und der Medienpädagogik herausgefordert und auf den Prüfstand gestellt. Die Tiefenschicht digitaler Technologien entfaltet darüber hinaus eine Eigendynamik, die das Selbst- und Welt-Verhältnis der Nutzenden, ihre Interaktionen und letztlich die Gesellschaft selbst verändert.
Darum bin ich Autorin bei Budrich
Es war eine großartige Erfahrung, von der Verlagsleiterin selbst nach einer Arbeitsgruppe auf dem Kongress der Fachgesellschaft für eine Publikation angefragt zu werden. Ich bin sehr dankbar, dass ich mich bei der zeitaufwändigen Umsetzung meines anspruchsvollen wissenschaftlichen Anliegens auf die geduldige und kompetente Unterstützung durch eine feste Ansprechpartnerin verlassen konnte.
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Sabrina Schenk (Hrsg.):
auch im Open Access verfügbar
Die Herausgeberin: PD Dr. habil. Sabrina Schenk
Ich bin habilitierte Erziehungswissenschaftlerin und vertrete derzeit die Professur für Allgemeine Erziehungswissenschaft an der Universität Duisburg-Essen. Zuvor war ich wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, der Goethe-Universität Frankfurt und der Technischen Universität Braunschweig. Von 2003 bis 2008 bin ich hauptberuflich als Jugendreferentin in der außerschulischen Jugendbildung tätig gewesen. Mich interessieren neben der Geschichte der Grundbegriffe und den theoretischen Grundlagenfragen der Erziehungswissenschaft deshalb vor allem die Überschneidungsbereiche zwischen pädagogischen und politischen Fragestellungen. Mit meiner Habilitation in Frankfurt hinzugekommen ist außerdem die Frage danach, wie sich unsere Gesellschaft und damit auch pädagogische und politische Prozesse unter dem Eindruck der digitalen Technologien verändern. Meine aktuellen Publikationen lassen sich auch auf meiner Webseite verfolgen: sabrinaschenk.wordpress.com.
Über „Populismus und Protest“
Wie verändern Technologien Partizipation? Das Aufkommen digitaler Technologien hat neue Formen des Engagements ermöglicht, die Protestbewegungen, politische Kampagnen oder auch Initiativen der politischen Bildung prägen. Veränderte Aufmerksamkeitsökonomien und Affektpolitiken, von denen rechtspopulistische Akteur*innen profitieren, fordern die demokratische Selbstverständigung ebenso heraus wie die Macht der Daten. Der Band versammelt Perspektiven aus der Allgemeinen Erziehungswissenschaft und Medienpädagogik auf (post-)digitale demokratische Öffentlichkeiten.
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© Titelbild gestaltet mit canva.com