Feministische Außenpolitik: Friedenssicherung durch Stärkung der Menschenrechte und Abbau weltweiter Ungerechtigkeiten
Femina Politica – Zeitschrift für feministische Politikwissenschaft, Heft 2-2022, S. 108-114.
Femina Politica: Die aktuelle Ausgabe der Femina Politica richtet im tagespolitischen Teil den Fokus auf den Angriffskrieg, den Russland am 24. Februar 2022 gegen die Ukraine begonnen hat. In diesem Zusammenhang sind wir als feministisch-politikwissenschaftliche Fachzeitschrift sehr an Ihrem Konzept einer feministischen Außenpolitik interessiert: Was macht Außenpolitik feministisch, wodurch unterscheidet sich feministische Außenpolitik von traditionellen Konzepten und wie können dadurch globale Krisen besser gelöst werden?
Kristina Lunz: Feministische Außenpolitik, so wie sie von Teilen der Zivilgesellschaft gefordert wird, und nicht von staatlicher Seite, ist ein Konzept, das radikal außen- und sicherheitspolitisches Denken und Agieren auf den Kopf stellen möchte. Diese gewollte Transformation bewegt sich weg von einem patriarchalen Status quo, der Sicherheit mit militärischer Sicherheit gleichsetzt und auf dem realistischen Paradigma1 basiert. In der Denkschule dieses realistischen Paradigmas wird davon ausgegangen, dass die ‚Anarchie‘ der Staaten nur dadurch umgangen werden kann, dass jeder Staat versucht, stärker und mächtiger als der andere zu sein, eben durch Aufrüstung und Militarisierung. Im Gegensatz dazu denkt feministische Außenpolitik den Sicherheitsbegriff viel inklusiver und weiter. Feministische Außenpolitik möchte menschliche Sicherheit in das Zentrum von außen- und sicherheitspolitischem Handeln stellen und fordert damit, dass Ungerechtigkeiten weltweit abgebaut werden. Die Forschung deutet darauf hin, dass der signifikanteste Faktor für die Frage, ob ein Land nach innen oder nach außen gewaltbereit ist, das Niveau an Gleichberechtigung ist. Feministische Außenpolitik möchte patriarchale Strukturen zerschlagen, weil patriarchale Strukturen innerhalb von Staaten direkt mit gewaltvollen Auseinandersetzungen und internationalen Kriegen zusammenhängen.
Femina Politica: An die Zielsetzung feministischer Außenpolitiken und ihrer Maßnahmen schließen unsere nächsten Fragen an. Diese beziehen sich auf das, was die ehemalige schwedische Außenministerin Margot Wallström2 im Vorwort zu Ihrem Buch „Die Zukunft der Außenpolitik ist feministisch“ geschrieben hat, nämlich, dass feministische Außenpolitik der effektivste Weg ist, um den Herausforderungen unserer Zeit begegnen zu können. Was bedeutet effektiv? Wie kann feministische Außenpolitik effektiv sein?
Kristina Lunz: Ich glaube, dass die herkömmlichen Lösungen, die präsentiert werden, um die größten Herausforderungen unserer Zeit zu lösen – also Aufrüstung, militärische Auseinandersetzungen, Pandemien, die Klimakrise, Angriffe auf das „Menschen-Rechtssystem“ und insbesondere die Rechte von Frauen – nicht darauf abzielen, Strukturen zu ändern. Wir versuchen z.B. bei Klimagerechtigkeit, vieles auf das Individuum zu übertragen und Lebensstile zu ändern, anstatt Geldströme und Ressourcenallokation anzuprangern. Besonders jetzt wird allzu offensichtlich, dass eine Energieabhängigkeit von autokratischen Regimen nicht im Einklang mit mehr Klimagerechtigkeit steht. Oder im Bereich globale Gesundheit wird versucht, z.B. Impfstoffe in arme Länder zu bringen, die dann aber nicht ankommen. Länder aus dem globalen Norden schaffen es demnach nicht, eine Pandemie, die die ganze Welt betrifft, effektiv anzugehen. Wer eigentlich im globalen Gesundheitssystem zentrale Entscheidungen trifft, welche Lebenserwartungen wo weltweit am geringsten sind, in welchen Ländern und von welchen Menschen, das wird nicht hinterfragt. Doch wenn wir die strukturellen Ungerechtigkeiten nicht angehen, die patriarchale Gesellschaften weltweit und in allen Bereichen geschaffen haben und in denen wir seit tausenden von Jahren leben, kommen wir am Ende immer nur zu einem ‚Pflaster-Kleben‘ und es wird uns nicht gelingen, die strukturellen Ungleichheitsverhältnisse grundlegend und nachhaltig zu verändern. Ich finde, dass herkömmliche Außen- und Sicherheitspolitik sehr oft eine Art Komplexitätsreduktion ist und dass man mit sehr kurz gedachten Lösungen versucht, große Probleme anzugehen. Zu diesen gehören bis heute vor allem auch die Folgen und Auswirkungen kolonialer Geschichten und Traumata, die sich in Form postkolonialer Strukturen und systemischer Gewalt verfestigt haben und Rassismus, weiße Vorherrschaft und ungleiche Machtverhältnisse begünstigen. Feministische Außenpolitik reflektiert diesen Zusammenhang und ermöglicht im Gegensatz zu aktuellen außenpolitischen Diskursen eine grundlegende Veränderung, indem sie Verantwortung durch Aufarbeitung und Entschädigung ins Zentrum ihrer Maßnahmen stellt und durch eine Dekolonialisierung von Außenpolitik die Grundlage für eine gleichberechtigte Zusammenarbeit und Kooperation auf Augenhöhe geschaffen wird.
Femina Politica: Mit dieser Kritik befinden Sie sich in einer Tradition feministischer Wissenschaft, die diese dominanten Auffassungen von Sicherheit, Frieden und Konflikt schon seit längerem infrage stellen. Vor diesem Hintergrund interessiert es uns besonders, an welche Stellen Sie an feministische Forschungen anknüpfen? Gibt es bestimmte Personen, an die Sie anschließen? Zum Beispiel an deren Schriften? Wessen Arbeiten inspirieren Sie?
Kristina Lunz: Da gibt es eine ganze Menge. Aber zu denjenigen, die das Thema mit als Erste im akademischen Bereich besprochen haben und die für mich besonders relevant waren, gehören J. Ann Tickner und ihre Überlegungen, mit welchen sie Hans Morgenthaus Prinzipien auf den Kopf gestellt hat. Dabei ging es ihr aber nicht primär darum, das traditionelle Verständnis Internationaler Beziehungen zu widerlegen, sondern um eine Erweiterung dieses Ansatzes auch auf die Lebenswirklichkeit der Zivilgesellschaft und relevanter Akteur*innen. Cynthia Enloe wiederum verweist in ihren Arbeiten – insbesondere zum Feminismus und Militarismus – schon immer auf die Abhängigkeiten zwischen Patriachat, Macht, Kontrolle, Unterdrückung und Politikgestaltung, wohingegen Barbara Finke sich in ihren Arbeiten – vor allem auch in Zusammenarbeit mit Beate Kohler-Koch und mit Michèle Knodt am Mannheimer Zentrum für europäische Sozialforschung (MZES) der Universität Mannheim – mit der Rolle von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) für die Legitimation globaler Politik und dem Kampf von Frauenrechten auseinandersetzt. Aber auch unter den dreizehn Portraits3 in meinem Buch sind viele Frauen und weitere Wissenschaftlerinnen, deren Arbeiten relevant sind und die meine Arbeit geprägt haben. Dazu zählt die Forschung von Valerie M. Hudson, die das WomanStats Project4 – den größten Datensatz zu den Situationen von Frauen weltweit – aufgebaut hat; ebenso Chandra Mohanty, die als „Scholar Activist“ – wie sie sich selbst bezeichnet – ein wichtiger wissenschaftlicher Anknüpfungspunkt meiner Arbeit ist, weil sie für eine Form des Wissens über Gerechtigkeit eintritt, das eben nicht nur im universitären und institutionellen Kontext erworben und vermittelt wird, sondern Kämpfe, Machtbeziehungen und Realitäten des alltäglichen Lebens und der betroffenen Individuen umfasst.
Femina Politica: In Zusammenhang mit diesen von Ihnen aufgeführten Bezügen und Referenzen ist das um die Zivilgesellschaft erweiterte Verständnis feministischer Außenpolitik – vor allem auch für unsere Leser*innen – sehr transparent und nachvollziehbar geworden. Darüber hinaus erscheint uns jedoch auch die Perspektive auf mögliche Lösungsmodelle interessant, die in diesen Ansätzen etwa mit anderen Begriffen der Sicherheit und Friedenspolitik eingenommen werden. Bezogen auf den aktuellen Krieg in der Ukraine: Wie kann feministische Außenpolitik auf diese Aggression reagieren?
Kristina Lunz: Es gibt einige sehr laute und woke ukrainische Feminist*innen, die zu peace building arbeiten und eigene Forderungen dazu aufstellen. Als Geschäftsführerin einer feministischen Organisation wäre mein erster Impuls, immer genau diese Forderungen auch ins Zentrum zu stellen und öffentlich zu machen. Darüber hinaus glaube ich, dass ich als eine in Deutschland lebende Feministin etwas tun kann, indem ich meine Stimme einsetze und diese am richtigen Platz auch Gehör findet; dazu gehört zum Beispiel, darauf aufmerksam zu machen, dass in dem Moment, wo ein deutscher Bundestag sich so schnell dazu bereit erklärt, 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr zusätzlich auszugeben, gleichzeitig folgende Fragen gestellt werden müssen: Wo sind 100 Milliarden Euro Sondervermögen für Bereiche der menschlichen Sicherheit, für die Unterstützung von Zivilgesellschaft5 weltweit, für das Einsetzen von Klimagerechtigkeit oder für die Verhinderung und Begrenzung (inter)nationaler Angriffe auf „Frauen- und LGBTQI*- und Menschenrechte“? In meinem Kapitel zu den Angriffen auf das Menschenrechtssystem und insbesondere auf die Rechte von Frauen habe ich gezeigt, dass in den letzten zehn Jahren über 700 Millionen Euro in der EU investiert wurden, um das „Frauen- und LGBTQI*-Rechtssystem“ abzubauen. Demokratische Aktivist*innen in Russland, Menschenrechtsverteidiger*innen und Personen politisch marginalisierter Gruppen haben die Einschränkungen und Attacken Putins und des Regimes gegenüber queeren Communities, gegenüber Frauenrechten und Frauen sehr deutlich anders wahrgenommen als vielleicht europäische und westliche Staatsvertreter*innen. Letztere haben die zunehmenden Angriffe antifeministischer und rechter Akteur*innen auf „Frauen- und LGBTQI*-Rechte“ im inneren der russischen Gesellschaft bis heute als nicht relevant erachtet und deshalb auch keinen Zusammenhang zwischen solcher Unterdrückung, die innerhalb eines Landes zu immer enger werdenden Handlungsräumen der Zivilgesellschaft führt, und den kriegerischen Übergriffen auf andere Länder gesehen. In diese riesigen Baustellen, die zu menschlicher Sicherheit gehören, muss dringend genauso Sondervermögen investiert werden wie in die Bundeswehr. Bislang wird unter Sicherheit vor allem ‚harte Sicherheit‘ verstanden, primär in der Bedeutung von Militär und Waffengewalt. Statt Sicherheit als Folge der Verteidigung von Menschenrechten im Kontext von Entwicklungs- und Friedenspolitik zu begreifen, wird jetzt so getan, als ob zusätzliche Militarisierung die Lösung unserer Probleme wäre, obwohl diese und die hyper-militarisierten Zustände in unserer Welt einer der Hauptgründe für alle Kriege und auch diesen Krieg jetzt sind. Doch nur wenn feministische Sicherheit im Sinne des Schutzes von Menschenrechten im Zentrum von außen- und sicherheitspolitischem Handeln steht, kann nachhaltiger Frieden geschaffen und den aktuellen Herausforderungen entsprochen werden.
Femina Politica: Sie haben die 100 Milliarden Euro angesprochen, die aktuell in Militärausgaben investiert werden. Aus Ihrer Sicht wäre es jedoch wesentlich sinnvoller – so haben wir Sie verstanden – dieses Geld in Projekte zur Unterstützung von menschenrechtlichen, zivilen Organisationen zu investieren. Hätte das im Vorfeld dieser kriegerischen Auseinandersetzung passieren müssen? Oder wäre die Unterstützung der zivilen Organisationen und Aktivist*innen in der Ukraine und in Russland auch gerade jetzt eine notwendige und hilfreiche Maßnahme, die dazu beitragen könnte, diesen Konflikt zu beenden oder zumindest in eine andere Richtung zu lenken?
Kristina Lunz: Es muss beides geben. Der Status quo internationaler Politik ist, jedes Jahr immer mehr an Geldern für Aufrüstung und Verteidigung auszugeben, wie die letzten SIPRI-Zahlen6 gezeigt haben. 2021 – und damit das zweite Jahr der Covid-19-Pandemie – war das Jahr mit den höchsten Militärausgaben seit Beginn der Aufzeichnungen. Nur ein ganz geringer Teil davon wurde in Friedensförderung oder in Zivilgesellschaft investiert. Das muss für immer, ab heute kurz- bis mittel- und langfristig geändert werden, wenn wir in einer Welt leben wollen, die langfristig Stabilität und Sicherheit für alle schafft. Ukrainische Feminist*innen haben eine sehr lange Liste, welche Finanzierung und Unterstützung sie bräuchten. Das Geld ist für feministische Arbeit vor Ort in Russland oder in der Ukraine, die zu Frauen, Frieden und Sicherheit arbeiten, gedacht. In manchen Ländern, auch in Deutschland, finden Treffen mit ukrainischen Feminist*innen und Peacebuilder*innen statt. In Berlin besprechen wir beispielsweise, was am besten als Nächstes gemacht werden müsste, was die Forderungen sind, wie wir uns organisieren, was finanziell unterstützt werden sollte. Also, es ist, glaube ich, beides gleichzeitig.
Femina Politica: Ist es denn so, dass das Militär in der feministischen Außenpolitik im Grunde keine Rolle spielen kann, weil es in dieser Konzeption einfach nicht dazugehört?
Kristina Lunz: Das ist eine Gretchenfrage. In den verschiedenen Strömungen und Schulen feministischer Forschung, aber auch von Feminist*innen in der Außen- und Sicherheitspolitik gibt es unterschiedliche Antworten. Es gibt manche, die glauben, dass feministische Außenpolitik auch eine Gleichberechtigung innerhalb militärischer Strukturen bedeutet, nämlich, dass Frauen kämpfen können und dass Frauen gerecht repräsentiert sein müssen. Feminist*innen wie zum Beispiel die Grünen-Abgeordnete im Europäischen Parlament Hannah Neumann mit ihrem #SHEcurity Index hat sich mit den Strukturen innerhalb des Militärs beschäftigt. Sie hat festgestellt, dass es wenig Frauen im Militär gibt, und fordert entsprechend mehr Repräsentation in militärischen Organisationen sowie bei den Blauhelmen. Andere Feminist*innen sagen, dass es in einer feministischen Utopie keine militarisierten Strukturen geben kann. Und irgendwo dazwischen, glaube ich, würde ich mich mittelfristig verorten. Aber in meiner langfristigen feministischen Utopie haben wir hoffentlich gar keine gewaltvollen Strukturen mehr. Aber ich glaube, dass es auch für die Bundeswehr eine Berechtigung gibt, wenn sie als Einsatzgruppe für menschliche Sicherheit allgemein zuständig ist. Vielleicht müsste sie dann umbenannt werden. Man könnte in Jahrzehnten darüber sprechen, ob es in manchen Fällen nötig ist, menschliche Sicherheit für andere sicherzustellen, wie in jedem Verständnis von responsibility to protect.
Femina Politica: Das würde also in der aktuellen Situation bedeuten, dass versucht würde, Menschen zu beschützen, bzw. in aktuellen Konflikten überlegt werden sollte, ob ein Eingreifen sinnvoll sein könnte?
Kristina Lunz: Ja, ganz genau.
Femina Politica: Es gibt diese Frage der Verteidigung der staatlichen Integrität auf der einen Seite – das heißt in dem Falle die Existenz der Ukraine als souveräner Nationalstaat – und die Frage der feministischen Außenpolitik zur Sicherheit der Menschen und der solidarischen Unterstützung der Zivilgesellschaft auf der anderen Seite. Bedeutet das, dass feministische Außenpolitik dann eher auf eine Unterwerfung zielt, wenn der Schutz der Betroffenen in den besetzten Gebieten das vorrangige Ziel ist?
Kristina Lunz: Wenn die Frage darauf zielt, ob sich eine Ukraine gegenüber Russland unterwerfen sollte – nein.
Femina Politica: Wie kann Sicherheit, in dem Falle dann der Menschen, in dem besetzten Regime, überhaupt gewährleistet werden?
Kristina Lunz: Ich bin keine Ukraine-Russland-Expertin. Das kann ich nicht beantworten oder möchte ich nicht beantworten. Aber die Unterwerfung gegenüber einem Aggressor wäre auf keinen Fall die Forderung. Man würde auch nicht einer Frau oder marginalisierten Gruppe, der Gewalt von Aggressoren zugefügt wird, empfehlen, sich zu unterwerfen. Das ist immer eine fine line. Wenn dies auf das Motto „Das Private ist politisch“ und damit private Situationen übertragen wird, beträfe das die Frage nach Selbstverteidigung. Am besten gehen natürlich alle Frauen zum Selbstverteidigungskurs. Die Welt ist schlecht und Patriarchat bedeutet die Allgegenwärtigkeit von männlicher Gewalt. Wir sind ständig bedroht von insbesondere patriarchalen Aggressionen. Trotzdem würde man nicht offen kommunizieren, dass dies die Lösung für männliche Gewalt sein sollte. Dann geht es wieder um die Frage, wessen Schuld bzw. wessen Verantwortung es ist, diese Strukturen abzubauen. Darum glaube ich, das ist eine Frage mit sehr vielen Nuancen, die – wenn sie beantwortet wird – getrennt in Safe Spaces und öffentliche Kommunikation bearbeitet werden würde.
Femina Politica: Wir danken Ihnen sehr für das interessante Gespräch.
Kristina Lunz ist Aktivistin, Mitbegründerin und Co-Chief Executive Officer (CEO) des Centre for Feminist Foreign Policy (CFFP) in Berlin und London. Im Februar 2022 erschien ihr Buch „Die Zukunft der Außenpolitik ist feministisch. Wie globale Krisen gelöst werden müssen“, das nicht zuletzt angesichts der aktuellen Ereignisse in der Ukraine auf eine große Resonanz stößt.
Das Interview wurde am 17. Mai 2022 von Silke Schneider und Gabriele Wilde geführt.
Anmerkungen
1 In Anlehnung an den klassischen Realismus von Hans Morgenthau und an den Neorealismus der Münchner Schule gilt der Realismus bis heute als ein dominierendes Paradigma der Internationalen Beziehungen. Ausgehend vom System der Checks and Balances als universelles Prinzip aller pluralistischen Gesellschaften und Beziehungen zwischen Staaten bildet das Machtgleichgewicht zwischen den Staaten und seinen Interessen die grundlegende Kategorie dieses Ansatzes. In Zusammenhang mit der Annahme, wonach moralische Grundsätze niemals verwirklicht werden können, stehen Interessensausgleich sowie Interessenskonflikte, die zu Verhandlungen oder militärischen Konflikten führen, im Zentrum außen- und sicherheitspolitischer Maßnahmen.
2 Margot Wallström von der Sveriges Socialdemokratiska Arbetareparti (SAP, Sozialdemokratische Arbeiterpartei Schwedens) war von 2014 bis 2019 Außenministerin in Schweden.
3 In ihrem Buch zur feministischen Außenpolitik schließt Kristina Lunz (2022, 54) an jedes der dreizehn Kapitel ein Portrait feministischer Politiker*innen, Aktivist*innen und Wissenschaftler*innen an, „deren Forschen und Handeln dazu beigetragen haben“, dass das Buch geschrieben werden konnte. Interviewt hat sie folgende Vordenkerinnen: Margot Wallström, Toni Haastrup, Valerie Hudson, Nina Bernading, Chandra Mohanty, Sanam Naraghi Anderlini, Cynthia Enloe, Jennifer Cassidy, Beatrice Fihn, J. Ann Tickner, Bonnie Jenkins, Samantha Power und Madeleine Rees.
4 Das WomanStats-Projekt (www.womanstats.org) ist ein Forschungs- und Datenbankprojekt an der Brigham Young University, das seit 2001 einen Zusammenhang zwischen der Situation von Frauen und der Sicherheit von Nationalstaaten herstellt. Dazu werden umfassende statistische Daten zum Status von Frauen in 176 Ländern gesammelt und anhand von 350 Indikatoren mit Daten zur Sicherheit von Staaten verbunden.
5 Statistisch nachgewiesen ist, dass nur 3% der Bevölkerung weltweit in freien Zivilgesellschaften leben.
6 SIPRI steht für Stockholm International Peace Research Institute (https://sipri.org/). Das Friedensforschungsinstitut wurde 1966 vom schwedischen Parlament gegründet und wird zum großen Teil von der schwedischen Regierung finanziert. Es arbeitet eng mit den Vereinten Nationen und der Europäischen Union zusammen und versorgt Wissenschaftler*innen, Politiker*innen und Medien weltweit mit Daten und Analysen zu militärischen Fragen.
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Dieses Interview ist im Open Access dem Heft 2-2022 der Femina Politica – Zeitschrift für feministische Politikwissenschaft erschienen.
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