Quantitative Forschung endlich verstehen

Kielblock Kompass quantitative Forschung

Quantitative Forschung lesen, verstehen und nutzen lernen: Wir haben ein Interview mit Stephan Kielblock zu seinem neuen Buch Kompass quantitative Forschung. Eine Navigationshilfe für die Erziehungswissenschaft geführt.

 

Interview zum Buch „Kompass quantitative Forschung“

 

Lieber Stephan Kielblock, worum geht es in Kompass Quantitative Forschung?

Veröffentlichte Forschungsarbeiten sind oft schwer zu verstehen. Das gilt besonders, wenn es um statistische Analysen, also um quantitative Forschung, geht. Mit meinem neuen Buch möchte ich dabei helfen, dass solche Studien einfacher gelesen, verstanden und genutzt werden können. Dieses Ziel zu erreichen, ist nicht einfach, denn man kann die Forschungsarbeiten nicht einfach durch Zauberhand leichter machen.

In meinem Buch gehe ich einen neuen Weg, um quantitative Forschung zu erklären. Ich fange damit an, die Leserinnen und Leser mit den Veröffentlichungen vertraut zu machen. Zuerst lernen wir, uns in einer wissenschaftlichen Arbeit zurechtzufinden. Darum heißt mein Buch auch so: Der „Kompass“, den ich vorstelle, hilft dabei, sich in einer Publikation gut zu orientieren.

Die Kapitel meines Buches folgen dem Aufbau von Veröffentlichungen in der quantitativen Forschung. Ein wichtiger Teil meines Buches ist das Kapitel über Analysemethoden. Dort werden die Methoden erklärt, die in Veröffentlichungen verwendet werden. Dabei lege ich Wert darauf, die Konzepte der Methoden verständlich zu machen. Mein Ziel ist nicht, Forscherinnen und Forscher auszubilden. Vielmehr möchte ich allen Menschen helfen, die quantitative Veröffentlichungen lesen, verstehen und anwenden wollen oder müssen.

 

Wie kamen Sie auf die Idee, dieses Buch zu schreiben? Gab es einen „Stein des Anstoßes“?

Ich habe bereits im Studium gemerkt, dass mich quantitative Forschungsmethoden besonders interessieren. Daher habe ich viele Vorlesungen dazu besucht. Die meisten davon in der Psychologie. Hier wurde klassisch vorgegangen: Es gab viele Formeln, viel Mathe und Graphen und viel auswendig zu lernen.

Am Ende meines Studiums habe ich ein Praktikum in einem Forschungsprojekt gemacht. Das Forschungsteam hat damals sehr komplizierte quantitative Analysen durchgeführt. Ehrlich gesagt: Ich habe wenig verstanden von den Methoden, über die die Forschenden gesprochen haben. Der Grund war, dass diese Methoden in den Vorlesungen, die ich besucht hatte, gar nicht vorkamen. Von den Grundlagen, die die Vorlesungen vermittelt haben, bis zu den in der Forschungspraxis verwendeten Konzepten und Modellen, ist der Abstand teils wirklich groß. Da habe ich mir vorgenommen, es später besser zu machen. Das war der Anfang für meine Idee.

Ich habe mich dann intensiv mit den Methoden in meiner eigenen Forschung beschäftigt. Außerdem habe ich an Universitäten Methodenseminare gegeben. Zusammen mit meinen Studierenden habe ich überlegt, wie man die schwierigsten Methoden verständlich erklären kann. So hat sich die Idee für mein Buch über die Jahre weiterentwickelt. Ich habe viele Beispiele und Erklärungen gesammelt, die die Grundlage für mein Buch bilden.

Man könnte sich jetzt fragen: Wenn ich damals schon mein Kompassbuch gehabt hätte, hätte ich die komplizierten Analysen in meiner Praktikumszeit besser verstanden? – Natürlich kann ich das nicht sicher sagen, aber ich denke schon.

 

Als „Kompass“ führt Ihr Buch durch die Welt quantitativer Publikationen und vermittelt, wie gezielte Fragen zu stellen sind. Können Sie uns ein Beispiel geben?

Klar, gern. Der Kompass hat vier Richtungen, die die vier Kernelemente einer Publikation darstellen. In jeder Richtung gibt es eine Reihe wichtiger Informationen, die die Leserin oder der Leser aus dem jeweiligen Text herausarbeiten muss.

Nehmen wir eine quantitative Publikation, so ist die Chance hoch, dass bereits der Titel relevante Informationen enthält. Was sagt mir der Titel? Welche Bestandteile werden hervorgehoben? Geht es um die Entwicklung des Sozialverhaltens? Oder geht es um die Notenentwicklung? Oder um was sonst? Wenn man hier gezielt genauer hinschaut, orientiert man sich im Folgenden leichter im Text, weil man sich inhaltlich schon erste Anhaltspunkte erarbeitet hat.

Und so geht es weiter: Der erste Teil einer Publikation hat die Aufgabe, die Kernmerkmale, um die es geht, weiter vorzustellen und – mit Blick auf die Fragestellung der Publikation – ins Verhältnis zueinander zu stellen. Natürlich stellen wir da Fragen wie: Welche Merkmale sind im Fokus der Publikation? Was wird angenommen, wie diese Merkmale zueinanderstehen und warum? Geht es darum, dass aufgrund bestimmter Fördermaßnahmen das Sozialverhalten oder beispielsweise die Note verbessert wird? Antworten auf Fragen wie diese erleichtern uns, im Folgenden dann genauer hinzusehen, wie die methodische Anlage der Studie gewählt wurde. Und sie helfen uns im – teils wirklich schwer zu überblickenden – Ergebnisteil zu navigieren. Wir wissen auf diese Weise, wonach wir Ausschau halten müssen und können gezielter die relevanten Ergebnisse finden.

 

Das Konzept Ihres Buchs ließe sich ja auch auf andere Methodenbereiche ausweiten. Folgt vielleicht als nächstes ein „Kompass qualitative Forschung“?

Das ist eine interessante Idee, mit der ich in der Tat auch schon einmal gespielt habe. Im Prinzip wäre das möglich. Ich habe mich – neben meiner Leidenschaft für quantitative Methoden und Statistik – auch sehr intensiv mit qualitativen Methoden auseinandergesetzt. Bei qualitativen Methoden besteht meiner Meinung nach ein ähnlicher ‚Gap‘ – also eine ähnliche Lücke: In Methodenvorlesungen und -lehrbüchern lernt man die theoretischen Strömungen und teils auch verschiedene einfache Analyseschritte kennen. Die Forschungspraxis und die Publikationen sind dann aber weitaus komplexer. Will man qualitative Publikationen lesen, verstehen und nutzen, dann braucht es auch hier einen Kompass. Also, ja, es wäre eine gute Idee.

Hinzufügen möchte ich, dass Mixed Methods – neben Quant und Quali – eine Perspektive ist, die ggf. auch gesonderte Aufmerksamkeit erhalten könnte oder sollte. In Publikationen, die sowohl quantitative und qualitative Anteile enthalten, gibt es nochmal andere Darstellungsformen. Die Rechnung „Quant + Quali = Mixed“ geht meinem Verständnis nach nicht auf, sodass auch hier ein eigener Kompass nötig wäre.

Und wo wir gerade etwas in die Zukunft blicken: Es wäre durchaus auch eine Überlegung, einen etwas anderen Schwerpunkt zu setzen als erziehungswissenschaftliche Fragen. Beispielsweise eine Navigationshilfe für quantitative Publikationen in der Psychologie, oder in ganz anderen Disziplinen.

Man sieht schon, ich möchte mit meinem neuen Buch nicht nur helfen, dass quantitative Forschung verständlich wird, sondern ich möchte auch zu neuen Lehrbuchformaten und einer neuen Vermittlungsweise im Bereich der Forschungsmethoden anregen.

 

Darum bin ich Autor bei Budrich

Frau Budrich und Herr Bergstermann haben sofort verstanden, wie wichtig das Buch werden könnte und wie vielen Studierenden und anderen Personen es helfen könnte. Sie haben, ohne lange zu zögern, die Weichen gestellt für eine wirklich tolle Buchpublikation. Das Engagement und die proaktiven Ideen und das Mitdenken hat mir sehr gefallen und hat mich dabei unterstützt, das Beste aus meinem Vorhaben herauszuholen. Ich bin rundum zufrieden und freue mich sehr über das Buch. Sollte ich wirklich noch einen anderen Kompass schreiben, dann natürlich bei Budrich.

 

Jetzt versandkostenfrei im Budrich-Shop bestellen

Kielblock Kompass quantitative Forschung 150 pxStephan Kielblock:

Kompass quantitative Forschung. Eine Navigationshilfe für die Erziehungswissenschaft

 

 

 

 

 

Der Autor: Dr. Stephan Kielblock

Kielblock, Stephan © privatDr. Stephan Kielblock hat Erziehungswissenschaft, Psychologie und Philosophie studiert und 2011 mit einer quantitativen Arbeit zu Belastungen von Lehrkräften den Magister Artium abgeschlossen. Anschließend hat er an der JLU Gießen und der Macquarie Uni Sydney promoviert, und zwar 2018 mit einer quantitativen Arbeit zu Einstellungen von Lehrkräften. Er war zudem in verschiedenen Forschungsprojekten tätig. Unter anderem beispielsweise in der Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen (StEG). Er hat eine Reihe quantitativer Forschungsarbeiten publiziert und hat an den Unis Gießen und Frankfurt gelehrt – unter anderem mit Schwerpunkt auf quantitative Forschungsmethoden. Derzeit arbeitet Dr. Stephan Kielblock als Experte für Ganztagsschulentwicklung am DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation in Frankfurt am Main.

 

Über „Kompass Quantitative Forschung“

Mit diesem Buch lernen die Leser*innen, quantitative Forschung zu lesen, zu verstehen und zu nutzen. Als praktischer „Kompass“ führt es durch die Welt quantitativer Publikationen und vermittelt, wie gezielte Fragen zu stellen sind. Methoden werden mit verständlichen Texten und Illustrationen veranschaulicht. Mit Beispielen aus führenden empirisch-quantitativen Forschungen können Leser*innen nach der Lektüre Studien auf höchstem Niveau lesen und für ihre eigene Arbeit nutzen.

 

Mehr Autor*innen-Interviews …

… finden Sie in der Blog-Kategorie 5 Fragen an.

 

© Foto Stephan Kielblock: privat | Titelbild gestaltet mit canva.com