Predatory Publishers & Predatory Journals

Skelett eines Tyrannosaurus Rex

Viele Wissenschaftler*innen kommen mindestens ein Mal in ihrer akademischen Karriere mit Predatory Publishers bzw. Predatory Journals in Kontakt. Was ist das genau und wie können Sie sich davor schützen?

Beim Predatory Publishing handelt es sich um ein „räuberisches Veröffentlichen“ im Open Access in angeblich seriösen wissenschaftlichen und überwiegend englischsprachigen Fachzeitschriften, den Predatory Journals.

Die Verlage dieser Predatory Journals, meist internationale (Open Access-)Verlage, verlangen von ihren Autor*innen zwar gängige, nicht selten allerdings auch überdurchschnittlich hohe, Open Access-Publikationsgebühren (APCs: article processing charges). Sie erbringen dafür aber keinerlei Gegenleistungen im redaktionellen (z.B. Qualitätskontrolle) oder verlegerischen (z.B. Marketing) Bereich bzw. geben lediglich vor, diese Gegenleistungen zu erbringen.

Als Praxisbeispiel soll hier das International Journal of European Studies genannt werden, bei dem die APCs bei 1.170 USD pro Artikel liegen. Wer nicht so viel Geld ausgeben möchte, sollte es bei Social Sciences versuchen, da hier die Gebühr nur 870 USD pro Artikel beträgt.

Wissenschaftler*innen auf der ganzen Welt werden häufig mehrfach per E-Mail kontaktiert und zu einer Veröffentlichung in der jeweiligen Zeitschrift gebeten, besser: gedrängt. Hierbei stehen insbesondere zwei Zielgruppen von Autor*innen im Fokus: 1) Wissenschaftler*innen aus Entwicklungs- und Schwellenländern, die sich auf eine hohe Sichtbarkeit der eigenen Arbeit im Open Access freuen und 2) Nachwuchswissenschaftler*innen aus Industriestaaten, die oftmals unter hohem Publikationsdruck stehen und Predatory Journals (bewusst) nutzen, um ihre Arbeit schnell und ohne ausreichende bzw. gänzlich ohne Qualitätskontrolle zu veröffentlichen.

Im Jahr 2010 veröffentlichte der US-amerikanische Bibliothekar und Forscher Jeffrey Beall von der University of Colorado in Denver eine Liste (Beall-Liste) mit den ihm bekannten Predatory Publishers und Predatory Journals, die Anfang 2017 wieder gelöscht wurde. Diese Liste wird seitdem von der anonymen Gruppe Stop Predatory Journals (zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrags nicht online) auf ihrer Webseite weitergeführt und regelmäßig aktualisiert.

 

10 Merkmale von Predatory Journals

Zehn grundlegende Merkmale lassen sich laut „Stop Predatory Journals“ für das Geschäftsmodell Predatory Publishing beobachten:

  1. gängige bzw. oftmals überdurchschnittlich hohe APCs in Verbindung mit einem fehlenden oder mangelhaften Peer-Review-Prozess bzw. redaktioneller Arbeit;
  2. erst nach Annahme des Manuskripts wird über die APCs informiert;
  3. oftmals aggressive E-Mail-Ansprache der Wissenschaftler*innen zwecks Veröffentlichung in der Zeitschrift oder Mitarbeit in der Redaktion;
  4. schnelle Annahme von Manuskripten minderer Qualität (selbst von sinnlosen Texten);
  5. Wissenschaftler*innen werden ohne Zustimmung und ohne Möglichkeit des Austritts in der Redaktion aufgelistet;
  6. frei erfundene Wissenschaftler*innen werden in der Redaktion aufgelistet oder als Autor*innen genannt;
  7. Design und Sprache von Marketingmaterialien und Webseiten von seriösen wissenschaftlichen Fachzeitschriften werden kopiert;
  8. unsachgemäße Verwendung von ISSNs;
  9. falsche Angaben über den Verlagsstandort;
  10. falsche oder nicht vorhandene Impact Factors.

Hinzu kommt, dass die Sichtbarkeit der eigenen wissenschaftlichen Arbeit in Predatory Journals sehr gering ist und es keine Garantie dafür gibt, dass die Veröffentlichung dauerhaft online verfügbar ist. Wissenschaftler*innen sollten zudem bedenken, dass die eigene wissenschaftliche Reputation nach einer Veröffentlichung in einem Predatory Journal möglicherweise beschädigt ist.

 

Wie kann man sich vor Predatory Publishers schützen?

Die internationale Kampagne Think. Check. Submit. hilft Wissenschaftler*innen dabei, seriöse und vertrauenswürdige Fachzeitschriften und Verlage für die Publikation der eigenen Arbeit zu finden.

Folgende Fragen sollte man sich bei der Auswahl einer Fachzeitschrift für die Publikation der eigenen Arbeit laut „Think. Check. Submit.“ stellen:

  • Reiche ich meine Arbeit bei einer seriösen und anerkannten wissenschaftlichen Fachzeitschrift ein? Ist es die richtige Fachzeitschrift für meine Arbeit?
  • Kennen meine Kolleg*innen die Fachzeitschrift? Habe ich selber davon schon einmal etwas gehört oder gelesen?
  • Kann ich neuere Artikel der Fachzeitschrift schnell und einfach auffinden? Wie schätze ich diese Artikel ein?
  • Finde ich etwas über den Verlag heraus? Wird der Name des Verlags deutlich auf der Webseite der Fachzeitschrift genannt? Kann ich den Verlag telefonisch, per E-Mail oder per Post kontaktieren?
  • Ist der Peer-Review-Prozess der Fachzeitschrift klar definiert?
  • Wird die Fachzeitschrift irgendwo in von mir genutzten Diensten indiziert?
  • Werden Publikationsgebühren (wofür/wann) transparent kommuniziert?
  • Wie setzt sich die Redaktion zusammen? Habe ich schon einmal von den Mitgliedern der Redaktion gehört? Wird die Fachzeitschrift auf den institutionellen oder persönlichen Webseiten der Redaktionsmitglieder erwähnt?
  • Ist die Kommunikation mit dem Verlag bzw. der Fachzeitschrift seriös und professionell?
  • Gehört der Verlag einer anerkannten Brancheninitiative oder einem anerkannten Fachverband an?

Sie haben noch Fragen zum Thema Predatory Publishers? Kontaktieren Sie uns gern!

 

© unsplash.com | Scott Evans