Seit vielen Jahren wird der Verlag Barbara Budrich von einem engagierten wissenschaftlichen Beirat unterstützt. Die Mitglieder sind mit einem oder mehreren unserer Fachbereiche (Politikwissenschaft, Soziologie, Erziehungswissenschaft, Soziale Arbeit, Gender Studies) sehr vertraut und stehen uns aktiv bei unserer Programmentwicklung zur Seite. In dieser Rubrik stellen wir die Mitglieder unseres Beirats vor. Heute: Univ.-Prof. Dr. Birgit Bütow.
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Name: Birgit Bütow, Univ.-Prof. Dr.
Fachbereich: Sozialpädagogik/Genderforschung
Kurzvita:
- 1981-1986: Studium der Soziologie an der Universität Leipzig
- 1986-1989: Forschungsstudium (Abschluss Promotion mit dem Schwerpunkt geschlechtsspezifischer Sozialisationsbedingungen von Studierenden in der DDR)
- 1990-1992: wissenschaftliche Assistentin an der Universität Leipzig
- 1992-1994: wissenschaftliche Referentin am Deutschen Jugendinstitut München, Abteilung „Jugend und Politik“ (Schwerpunkt: Wendeerfahrungen ostdeutscher Jugendlicher)
- 1992: Gründung des außeruniversitären Vereins „alma – Frauen in der Wissenschaft“, langjährige Vorsitzende und div. kleinere Forschungsprojekte und Publikationen zu Erfahrungen und Selbstverständnissen von ostdeutschen Frauen und Frauen- bzw. Genderforschung
- 1994-2013: Professur für Frauen- und Mädchenarbeit an der FH Jena
- 2011-2012: Professur für Allgemeine und Sozialpädagogik an der Universität Zürich
- Seit 2013 Professur für Sozialpädagogik, Beratung und Intervention an der Universität Salzburg
Mein Forschungsbereich
Meine Forschungsschwerpunkte sind nicht in wenigen Worten beschrieben. Ein „roter Faden“ ist bei mir „Gender“ als Analyse-, Identitäts- und Strukturkategorie in historischen und aktuellen Studien. Dabei sind mir intersektionale Blickwinkel und die Verschränkung der Ebenen von Individuum-Organisation bzw. Institution- Gesellschaft/sozialpolitisches System sehr wichtig. Da Soziale Arbeit in komplexen Ungleichheits- und Spannungsverhältnissen agiert, in denen Gender eine zentrale Rolle spielt, bildet genau das den Dreh- und Angelpunkt von Forschung und natürlich von Lehre. Von den Themen her bewegen sich meine empirischen Studien i.w.S. im Bereich der Sozialen Arbeit und hier bei der Adressat:innenforschung (insbesondere Biographieforschung) und der Institutions- bzw. Organisationsforschung. Für mich bildet genau dieser Schwerpunkt in der Forschung einen Ausgangspunkt, um zum einen Lehrinhalte wissenschaftlich und aktuell zu gestalten, zum anderen, um Praxis damit weiterzuentwickeln. Zudem arbeite ich seit einigen Jahren historisch-systematisch in der Rekonstruktion der Ideen- und Disziplingeschichte der Pädagogik bzw. Erziehungswissenschaft in Österreich, beginnend im 17./18. Jahrhundert, da solche Studien als Basis für den Aufbau von Sozialpädagogik rar, aber unverzichtbar sind.
Zu dieser konkreten Fragestellung forsche ich derzeit
Seit 2019 haben wir ein vom Land Salzburg gefördertes Forschungsprojekt, das den Entwicklungen von Pädagogik und Heilpädagogik nach 1945 bis 1975 in Salzburg nachgeht. Wir arbeiten darin heraus, dass bestimmte (weitgehend männerbündische) Allianzen aus Politik, Wissenschaft und Religion eine ganz spezifische, rassistisch-biologisch geprägte Heilpädagogik etablierten und damit die dringend notwendige Professionalisierung in der Sozialpädagogik verhinderten (Zudem gab es bis in die jüngere Vergangenheit keine Auseinandersetzung mit dem NS-Erbe dieser für Österreich typischen Ausrichtung von Heilpädagogik. Mittlerweile gibt es sehr gute Studien aus Tirol, Oberösterreich und Kärnten dazu.) Dieses Manko hat sich bis zur Etablierung des Schwerpunktes Sozialpädagogik fortgesetzt. Von daher versteht sich das Forschungsprojekt, an dem zwei Doktorandinnen mitwirken, als wichtige Aufarbeitung institutioneller Gedächtnisse.
Meine letzten Publikationen im Verlag Barbara Budrich
Die Sektion „Sozialpädagogik“ in der ÖFEB hat vor einigen Jahren eine Publikationsreihe im Verlag Barbara Budrich gestartet. Von daher war es mir von Anfang an klar, dass wir auch hier publizieren. Ebenso bildete auch das Profil und das Engagement des Verlages den Ausschlag, hier zu veröffentlichen. Unter dem Titel „Familienähnliche Fremdunterbringung in Österreich. Geschichte – Institutionen – Biografische Erfahrungen“ sind Ergebnisse von zwei abgeschlossenen Forschungsprojekten zu ehemaligen Pflegekindern bzw. Careleavern veröffentlicht, die durch historische Analysen von Entwicklungen und sozialen Trägern im Fürsorgewesen in Österreich ergänzt wurden. Dieses Buch versteht sich als eine der ersten systematischen Studien, wie sich Kinder- und Jugendfürsorge bzw. Kinder- und Jugendhilfe in Österreich entwickelt hat. Auch hier bildet Gender eine zentrale Achse der Analysen.
Was ich dem wissenschaftlichen Nachwuchs mit auf den Weg geben möchte
Es gibt in den Biografien von Wissenschaftler:innen nicht nur Pfade, die bereits da waren und nur von ihnen genutzt wurden. In der Wissenschaft ist es wie in der Kunst: Fertigkeiten, Techniken und Wissen kann frau sich im Studium erwerben. Diese sollten auch immer wieder v.a. in Gruppen geübt werden. Den eigenen Pfad aber muss man selbst finden und seine Werke Gestalt werden lassen. Ich empfehle immer, die „Trampelpfade“ und das Vertraute zu verlassen und neue Erfahrungen zu sammeln, Risiken einzugehen, Neues zu probieren. Wie heißt es doch so schön: „Good girls come to heaven, bad girls to anywhere” – es lohnt sich unbedingt! Ich adressiere bewusst an (junge) Frauen, denn hier gibt es noch sehr viel Nachholebedarf.
Darum bin ich Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des Verlags Barbara Budrich
Weil ich den Verlag mit seinem gender- und gesellschaftspolitischen Profil unterstützen und die Nachwuchsförderung weiter voranbringen möchte. Zudem ist es mir wichtig, dass Strategien gefunden werden, um im Zeitalter neuer Medien und Publikationsstrategien dem Profil des Verlages weiterhin gerecht zu werden.
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Schriftenreihe der ÖFEB-Sektion Sozialpädagogik, Band 5
Eine Übersicht der Beiratsmitglieder …
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