Was braucht es, um queere Vielfalt im Fußball nachhaltig zu verwirklichen? Welche Aspekte der sozialwissenschaftlichen Forschung zum Thema könnten künftig in den Fokus rücken? Wir haben ein Interview mit Helmut Metzner, Vorstand der Magnus Hirschfeld Stiftung, zur Neuerscheinung „Queere Vielfalt im Fußball“ geführt.
Über „Queere Vielfalt im Fußball“
Fußball könnte eine Arena für queere Vielfalt werden, welche die errungene gesellschaftliche Akzeptanz von LSBTIQ* widerspiegelt. Sein öffentlicher Stellenwert prädestiniert ihn dafür. Der vorliegende Sammelband möchte dazu beitragen, die Akzeptanz für sexuelle und geschlechtliche Diversität zu verbessern. Die wissenschaftlichen Beiträge diskutieren aus unterschiedlichen Perspektiven Schritte zu ihrer nachhaltigen Verwirklichung.
Interview zu „Queere Vielfalt im Fußball“
Lieber Helmut Metzner, worum geht es in Queere Vielfalt im Fußball?
Der vorliegende Sammelband beleuchtet Bedingungen für mehr sexuelle und geschlechtliche Diversität im Sport aus unterschiedlichen fachlichen Perspektiven. Neben theoretischen Diskursbeiträgen werden auch konkrete Schritte zu ihrer Verwirklichung in der Praxis diskutiert. Dies erfolgt hinsichtlich der Frage, wie Vielfalt im Sport ermöglicht und nachhaltig verankert werden kann.
Dabei spielen rechtliche Fragen eine bedeutsame Rolle, wie viele Beiträge dieses Bandes zeigen. Angefangen vom grundlegenden Recht auf Vielfalt bis hin zu Formen der Rechtssetzung und praxisbezogenen Rechtsdurchsetzung.
Der Band liefert zudem gegenwärtige Situationsbeschreibungen und Analysen, berichtet über Antidiskriminierungsinitiativen und Akzeptanzbemühungen.
Wie kam die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld dazu, dieses Buch herauszugeben? Gab es einen „Stein des Anstoßes“?
Die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld hat 2013 die Initiative „Fußball für Vielfalt“ ins Leben gerufen. Das Buch erörtert die Erkenntnisse aus zehn Jahren Projektarbeit. Die Beiträge im Sammelband reflektieren insbesondere die Ergebnisse einer Reihe von vier Fachkonferenzen, die 2022 im Vorfeld der Fußball-Weltmeisterschaft der Männer durchgeführt wurden. Ein zentraler Gedanke dabei ist es, an der aufmerksamkeitsstarken Leitdisziplin Fußball gesellschaftliche, historische, politische und rechtliche Voraussetzungen für mehr Vielfalt im Sport zu diskutieren und zu identifizieren. Diese Arbeit wurde ermöglicht durch eine Großspende an die Bundesstiftung. Das Ergebnis des Sammelbandes zeigt, wie ich finde, eindrücklich: Finanzielle Förderung konkreter Projekte führt bei uns zu konkreten Ergebnissen, die wir in die Gesellschaft zurückspielen. Ein Beispiel, das gerne weiter Schule machen darf.
Was braucht es aus Ihrer Sicht, um queere Vielfalt im Fußball nachhaltig zu verwirklichen?
Fußball könnte eine Arena für queere Vielfalt werden, welche die errungene gesellschaftliche Wertschätzung von queeren Menschen widerspiegelt. Als vielbeachteter Wettkampf wäre er dazu bestens prädestiniert. Sport ist eine öffentliche Angelegenheit. Der vielbeschworene Sportsgeist, der menschliche Umgang nach Regeln wird auf dem Feld von Unparteiischen gehütet. Er darf nicht am Spielfeldrand enden.
Es wäre eine Chance für das gesamte gesellschaftliche Zusammenleben, wenn sich dieser Geist der Akzeptanz und Gleichberechtigung unter gemeinsam akzeptierten Regeln vom Spielfeld über die Zuschauerränge und Stadiontore hinaus in die Welt jenseits zweier Halbzeiten verbreiten würde. Wenn die Begeisterung für das eigene Team den Blick auf die Bedeutung und Bedürfnisse jedes einzelnen Menschen nicht verstellt.
Welche Aspekte der sozialwissenschaftlichen Forschung zu queerer Vielfalt im Fußball werden Ihrer Einschätzung nach künftig in den Fokus rücken?
Aus meiner Sicht sollte es zukünftig insbesondere um Fragen gehen, wie: Welcher Spielregeln bedarf es, um in den mehrdimensionalen Fußballwelten ein faires Mit- und Gegeneinander zu ermöglichen? Wer sind die Akteur*innen, die darauf Einfluss nehmen können, um Veränderungen zu bewirken? Welche Voraussetzungen, Rahmenbedingungen und Übereinkünfte sollten dazu erprobt und geschaffen werden? Wie können Vereinbarungen erzielt werden? Welche Rolle spielt hierbei das Recht, um Regeln festzulegen und einen Rahmen für deren Durchsetzung zu setzen? Wie kann die Gesellschaft insgesamt dazu beitragen, dem Bewusstsein für Menschenrechte in allen Lebensbereichen zu mehr Beachtung zu verhelfen? Wo überall und wie soll politisches Handeln vorangebracht werden, um Akzeptanz zu erlangen und Fußballteilhabe zu einem sicheren Ort zu machen?
Darum sind wir bei Budrich
Die Zusammenarbeit mit dem Verlag Barbara Budrich hat uns in unserer Erwartung bestätigt. Wir haben eine ergebnisorientierte Kooperation erlebt, die sich stark am Interesse der Stiftung als Kundin orientiert und dabei auch durch kritischen, themenbezogenen Sachverstand überzeugt. Und das alles zum besten Preis im Wettbewerb der Verlagswelt.
Kurzvita von Helmut Metzner in eigenen Worten
Helmut Metzner (1968) ist Magister der Geschichte und wurde 2022 zum Vorstand der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld gewählt. Die Bundesstiftung selbst wurde 2011 von der Bundesregierung auf Grundlage eines Beschlusses des Deutschen Bundestags errichtet.
Zuvor war Helmut Metzner als wissenschaftlicher Berater u.a. für Bildung und LSBTIQ-Politik im Abgeordnetenhaus von Berlin tätig. Er engagiert sich seit mehr als drei Jahrzehnten im vorpolitischen Feld und Ehrenamt für die Rechte queerer Menschen. So war er von 2009-2023 Schatzmeister im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes in Deutschland (LSVD) und Stiftungsrat der Hirschfeld-Eddy-Stiftung für Menschenrechte.
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© Foto Helmut Metzner: Philip Bauer | Titelbild gestaltet mit canva.com