„Unser Anspruch ist es, die existentiellen Herausforderungen der Pflege in der Corona-Krise zu dokumentieren und zu bearbeiten.“ – Interview mit den Herausgebern von „Pflege in Zeiten der Pandemie“

Im Verlag Barbara Budrich ist erschienen:

von Marco Bonacker und Gunter Geiger (Hrsg.)

 

Über das Buch

Die Corona-Pandemie bestimmt unsere Lebenswirklichkeit, verändert unseren Alltag und schränkt selbstverständliche Freiheiten ein. Auch die Pflege ist davon nicht ausgenommen, im Gegenteil. Die Corona-Pandemie hat die Sollbruchstellen des Diskurses zwischen Freiheit und Sicherheit noch deutlicher gemacht. Wo stehen wir heute? Wie robust sind die Freiheitsideale im Kontext der Krise? Welche Erkenntnisse in Pflegepraxis und Wissenschaft haben wir gewonnen? Was muss in Zukunft stärker beachtet werden und welche Lehren ziehen wir aus den Entscheidungen und dem Umgang mit der Corona-Pandemie in der Pflege? Dr. Marco Bonacker und Gunter Geiger haben eine Neuauflage des Titels Pflege in Zeiten der Pandemie herausgegeben. Er enthält neue Beiträge zu den Themen Impfungen, 2./3. Welle und Virus-Mutationen.

 

Kurzvitae der Herausgeber in eigenen Worten

Dr. Marco Bonacker ist promovierter Theologe mit den Themenschwerpunkten Ethik, Moraltheologie und Sozialethik und insbesondere Medizin- und Pflegeethik. Er leitet die Abteilung Bildung und Kultur des Bischöflichen Generalvikariates des Bistums Fulda, die die schulischen und außerschulischen Bildungsangebote und Institutionen der Diözese begleitet und entwickelt. Aktuell hat er zudem einen Lehrauftrag an der Hochschule Fulda für Ethik in der Pflege.

 

Gunter Geiger ist Direktor der Katholischen Akademie des Bistums Fulda zudem ist er Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft katholisch-sozialer Bildungswerke (AKSB). Der studierte Volkswirt bearbeitet neben sozialethischen Themen Fragestellungen in Politik und Zeitgeschichte, sowie die Themen Menschenrechte und Medien.

 

Lieber Dr. Marco Bonacker, lieber Gunter Geiger, bitte fassen Sie den Inhalt Ihrer aktuellen Publikation Pflege in Zeiten der Pandemie für unsere Leser*innen zusammen.

Anspruch des Buches ist es, die existentiellen Herausforderungen der Pflege im Kontext der Corona-Krise zu dokumentieren und wissenschaftlich zu bearbeiten. Dabei verfolgen wir, wie in allen unseren Publikationen, einen interdisziplinären Ansatz und bringen so Pflegewissenschaftler, Juristen, Theologen, Sozialethiker und Pflegepraktiker ins Gespräch miteinander. Das Buch beschäftigt sich dadurch mit sehr unterschiedlichen, aber komplementären Aspekten der pflegerischen Realität in der Pandemie: von der Frage wie die stationäre Langzeitpflege sich unter den aktuellen Voraussetzungen entwickelt hat, welche professionspolitischen Positionen sich formiert haben oder auch ganz praktisch, wie die Pflege als Beziehungsgeschehen aufrechterhalten werden konnte, obwohl ja viele Bewohner von Einrichtungen darunter gelitten haben, dass Besuche von außen teilweise eingeschränkt waren. In einem Beitrag wird allerdings deutlich, dass Bewohner und die professionelle Pflege als eigene Sozialstruktur zu wenig Beachtung im politischen Diskurs erhalten hat. Isolation nach außen heißt eben nicht automatisch Vereinsamung. Aber auch ganz grundsätzlich die Frage nach Freiheit und Menschenwürde beschäftigt uns in diesem Buch.

 

Wie kamen Sie auf die Idee, die 1. Auflage dieses Buches zu schreiben? Gab es einen „Stein des Anstoßes“?

Schon relativ zu Beginn der Pandemie wurde deutlich, dass die Corona-Krise zwar alle Lebensbereiche betrifft, dass aber die Pflege besonders im Fokus der Maßnahmen stand, weil hier besonders vulnerable Gruppen lokalisiert wurden. Seit vielen Jahren widmen wir uns in unserer Akademiearbeit pflegeethischen Fragen, insbesondere der Herausforderung der Vermeidung freiheitsentziehender Maßnahmen in der Pflege. Zudem sind staatlich anerkannte Weiterbildungen für Pflegekräfte fester Bestandteil des Akademieprogramms.

Unsere Fachtagungen, Publikationen und Fortbildungen haben dazu beigetragen, dass wir von einem wirklichen Kulturwandel in der Pflege sprechen können, indem die Freiheit der Person gestärkt und die Qualität der Pflege gehoben wird. An diesem Punkt wird deutlich, dass gerade ein dezidiert christliches Menschenbild unserer Arbeit grundgelegt ist, das sich dann auch konkret in der Pflegepraxis niederschlägt. Vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen ist es uns wichtig, mit unseren Publikationen aktuelle Diskurse aufzugreifen und diese mitzugestalten. Durch die Corona-Pandemie sind im Organisationsumfeld und im beruflichen Selbstverständnis der Pflege Bruchstellen sichtbar geworden und manifestiert worden, die die Ausübung des Pflegeberufes zusätzlich verändern und prägen werden. Dies wollen wir aufmerksam und kritisch begleiten und dabei unsere Positionen einbringen.

 

Inwiefern unterscheidet sich die 2. Auflage konkret von der vorherigen?

Schon bei der Planung der ersten Auflage war uns bewusst, dass die Pandemie ein sehr dynamisches Geschehen ist und sich neue Erkenntnisse und Einschätzungen in schnellerer Folge ergeben werden. Für uns war aber auch klar, dass wir trotz allem in einen laufenden Diskurs einsteigen wollen, um diesen noch mitzugestalten. Ein reiner Rückblick hat zwar den Vorteil der kritischen und sicheren Distanz, aber unser Buch ist nicht nur Dokumentation, sondern eben auch Debattenbeitrag; dies gilt auch für die zweite Auflage.

Sie greift daher die wesentlichen Entwicklungen auf, die nach Januar 2021 entstanden sind, insbesondere die Impfungen, die das Pandemiegeschehen ja stark verändert haben. Alle Autoren haben ihre Texte daher auf Aktualität geprüft und wir konnten mit Prof. Kern einen herausragenden Experten gewinnen, der aus der Sicht eines Virologen die Impfstoffe und die dahinter liegende Strategie erläutert.

 

Gibt es besondere Herausforderungen bei den Neuauflagen von Pflege in Zeiten der Pandemie? Wie begegnen Sie diesen?

Die Dynamik der Pandemie hält ja im Grunde bis heute an und auch nach der zweiten Auflage werden weitere Erkenntnisse hinzukommen, die wir heute noch nicht absehen können. Wie genau etwa die aktuelle Omikron-Variante den weiteren Pandemieverlauf beeinflusst und ob der Weg in die Endemie in Reichweite ist, müssen wir abwarten. Aktuell stehen wir ja tatsächlich wieder vor einer ganz neuen Situation, deren abschließende Bewertung noch aussteht. Aber letztlich lebt ja die gesamte Logik wissenschaftlicher Publikationen von einem Anspruch der Vorläufigkeit und der Hoffnung auf Widerlegung. In diesem Sinne ist die Herausforderung unseres Buches nicht prinzipiell anders, als für andere wissenschaftliche Publikationen. Ziel ist es, weiterhin die für das Gesundheitswesen im Kontext der Corona-Pandemie relevanten sozialen und gesellschaftlichen Herausforderungen aufzuzeigen und mit Blick auf zukunftsfähige, sozial gerechte Handlungsstrategien die Bedeutung der Profession Pflege zu veranschaulichen.

 

Darum sind wir Autoren bei Budrich:

Wir blicken auf viele Jahre der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Verlag Barbara Budrich, die es uns ermöglicht auf hohem Niveau und mit der notwendigen Sorgfalt und Flexibilität unsere Erkenntnisse und Arbeitsergebnisse zu publizieren. Damit verfolgen wir einerseits das Ziel, unsere Arbeit zu dokumentieren und andererseits erreichen wir damit einen hohen Grad an Nachhaltigkeit, da unsere Bildungsprojekte oder Tagungen für ein breites wissenschaftliches bzw. interessiertes Publikum über viele Jahre hinaus zugänglich und fruchtbar gemacht werden können. Besonders als dezidiert katholische Einrichtung ist es uns wichtig, die Prozesse und Diskurse der säkularen Gesellschaft mitzugestalten und im Dialog zu bleiben. Dies ist durch den Verlag ideal gegeben. Insbesondere der persönliche Kontakt mit den Mitarbeiterinnen und die Interdisziplinarität eines sozial-wissenschaftlichen Fachverlags trägt dazu bei, dass wir gerne mit dem Verlag Barbara Budrich zusammenarbeiten.

 

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von Marco Bonacker und Gunter Geiger (Hrsg.)

 

 

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