Wie kann ich meine eigenen Beratungskompetenzen entwickeln und erweitern? Wir haben ein Interview mit Autor Jürgen Beushausen zu seinem Band Beratung lernen. Grundlagen Psychosozialer Beratung und Sozialtherapie für Studium und Praxis in der frisch erschienenen 3., aktualisierten Auflage geführt.
Interview zum Band „Beratung lernen“
Lieber Jürgen Beushausen, worum geht es in Beratung lernen?
Berufsanfänger*innen und erfahrene Praktiker*innen benötigen ebenso wie Studierende in fast allen Arbeitsfeldern der Sozialen Arbeit und den verwandten Arbeitsbereichen wie z.B. der Ergotherapie, der Heilpädagogik oder der Motologie) Beratungswissen.
Das Lehrbuch bietet eine umfassende integrative Einführung, wobei der Schwerpunkt in der Vermittlung von systemischen praxisnahen Beratungskonzepten liegt. Neben der Vermittlung von Grundwissen liegen weitere Schwerpunkte in der Vermittlung von methodischem Wissen und in der Selbstreflexion.
Wie kamen Sie auf die Idee, dies Buch zu schreiben? Gab es einen „Stein des Anstoßes“?
Der bedeutsamste Anstoß, dieses Buch zu schreiben, war mein Interesse und die Notwendigkeit, Beratungswissen für Studierende der Sozialen Arbeit zusammenzufassen. Zudem erlebte ich immer wieder in Supervisionen, dass auch vielen langjährigen Berufstätigen in den unterschiedlichsten Arbeitsfeldern Beratungskenntnisse fehlen.
Inwiefern unterscheidet sich die 3. Auflage konkret von der vorherigen?
Das Buch wurde durchgesehen und aktualisiert. Die Kapitel Diagnostik, Zwangskontexte, Psychosoziale Traumatologie, Selbstreflektion, Psychohygiene und Symptomanalyse (jetzt: „Biopsychosoziale Phänomene diagnostizieren und intervenieren“) wurden umfangreicher überarbeitet. Zudem wurde das Kapitel Mentalisierung und Emotionsregulierung ergänzt.
Beratung lernen liefert direkte Umsetzungsstrategien, um die entsprechenden Beratungsfähigkeiten angemessen und kompetent anzuwenden. Würden Sie uns ein Beispiel geben?
Um eine Veränderung zu erreichen, benötigen Klient*innen im Beratungsprozess einerseits eine emotionale Beteiligung, die einerseits unterstützen, andererseits jedoch nicht „zu tief“ gehen sollte.
Psychosoziale Fachkräfte benötigen daher umfangreiche flexible Techniken und Methoden, um möglichst eine passende Stufe der emotionalen Beteiligung zu erreichen, d.h. sie benötigen Techniken, um eine „gewisse“ Tiefung zu erreichen (z.B. Gefühle erfragen, in der Ich-Form sprechen lassen) und Techniken, um Menschen zu unterstützen aus einer zu starken Tiefung in eine mehr reflektierte, weniger emotionale Ebene zu kommen (z.B. Techniken der Distanzierung, der Emotionsregulierung oder Veränderungen des Fokuses).
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Jürgen Beushausen:
Beratung lernen. Grundlagen Psychosozialer Beratung und Sozialtherapie für Studium und Praxis
Der Autor: Jürgen Beushausen
Sehr gefreut habe ich mich 2021 über die Möglichkeit, nach meiner langjährigen praktischen Tätigkeit in der Suchtkrankenhilfe, in der Fortbildung von psychosozialen Fachkräften, in der Supervision und ab 2006 als Lehrender an einem Bachelorstudiengang der Sozialen Arbeit, nach meiner Berentung nochmals als Studiendekan an die Diploma Hochschule (Masterstudiengang Psychosoziale Beratung) wechseln zu können. Hier habe ich die Möglichkeit, meist berufserfahrenen Studierenden auch weiterhin Aspekte der psychosozialen Beratung zu vermitteln – weitere Informationen und Veröffentlichungen finden Sie auf meiner Webseite unter: https://juergenbeushausen.de.tl/.
Mein aktueller Forschungsschwerpunkt liegt im Feld der Psychosozialen Traumatologie. Ein solcher Zugang bietet die Möglichkeit, neben der klassischen psychologischen/medizinischen Definition von Traumata, auch subjektive und soziale Aspekte aufzunehmen. So können Formen einer Traumatisierung fokussiert werden, die in den klinischen Diagnostikmanualen nicht ausreichend klassifiziert werden. Dies sind z.B. die Phänomene Rassismen, transgenerationale Weitergabe von Traumata, Traumata in der Arbeitswelt, sequenzielle Traumen und sekundäre Traumatisierungen. Solch ein übergreifendes Konzept eignet sich besser, um soziale Dimensionen zu integrieren und damit auch in der Folge eine bessere Zusammenarbeit verschiedener Professionen zu ermöglichen. Es stellt zugleich die aktuelle Selektion in eine Traumatherapie, der Traumapädagogik und der Traumaberatung infrage und plädiert stattdessen für eine integrative Perspektive.
Über „Beratung lernen“
Das Lehrbuch bietet eine umfassende Einführung in integrative und systemische Beratungskonzepte, um praxisnah die eigenen Beratungskompetenzen zu entwickeln und zu erweitern. Durch den einleitenden Teil bietet der Band einen theoriegeleiteten Einstieg in die Beratung und verfestigt diesen mit Hilfe verschiedener Arbeitsmaterialien. Beratungskompetenz ist eine grundlegende Handlungsorientierung für alle psychosozialen Arbeitsfelder – das Buch liefert das Grundwissen sowie direkte Umsetzungsstrategien, um die nötigen Fähigkeiten zu entwickeln und diese angemessen und kompetent anzuwenden. Beigefügte Reflexionsbögen, Seminarfragen und Arbeitsblätter komplettieren das Handwerkszeug.
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© Foto Jürgen Beushausen: privat | Titelbild gestaltet mit canva.com