„Fachtexte stilsicher und gehirngerecht schreiben“: Leseprobe

Leseprobe Fachtexte schreiben

Eine Leseprobe aus Fachtexte stilsicher und gehirngerecht schreiben. Ein Schreibbegleiter für den Berufsalltag von Daniel Stalder und David Bisang, Kapitel „2 Planvoll ins Schreibprojekt“.

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2 Planvoll ins Schreibprojekt

Das Wichtigste in Kürze

Auftrag und Rahmenbedingung klären: Klären Sie mit den Auftraggebenden, was Ihr Text leisten muss. Halten Sie sich beim Schreiben an Vorgaben und orientieren Sie sich an den Konventionen Ihres Fachbereichs und der Textsorte. Planen Sie Ihr Schreibprojekt und sorgen Sie für Arbeitsbedingungen, unter denen Sie produktiv schreiben können.

Thema finden und eingrenzen: Finden Sie ein passendes Thema für Ihren Fachtext, indem Sie folgende Aspekte prüfen: Aktualität, Betroffenheit, Faszination, Nutzen, Unterhaltungswert oder neue (wissenschaftliche) Erkenntnisse. Grenzen Sie Ihr Thema anschließend ein, etwa mit dem wissenschaftlichen Zweischritt, W-Fragen oder Mindmaps.

Zielgruppe klären: Finden Sie heraus, wer Ihre Zielgruppe ist. Klären Sie, welche Erwartungen Ihre Zielgruppe hat, welches Vorwissen vorhanden ist, was der Mehrwert und die Motivation für das Lesen Ihres Textes sind, wie es um die sprachlichen Kompetenzen Ihrer Zielgruppe steht, wie viel Zeit den Leser:innen zur Verfügung steht, welchen Bezug sie zum Thema haben und welche Gemeinsamkeiten Sie und Ihre Zielgruppe aufweisen.

Nachdem Sie nun Ihren Schreibprozess kennen und herausgefunden haben, welche Schreibstrategien sich eignen, um Ihr Schreibziel zu erreichen, werfen wir den Blick auf die Vorbereitungsphase. Sie legen nun den Grundstein für einen reibungslosen Ablauf Ihres Schreibprojekts.

In dieser Phase klären Sie wichtige Rahmenbedingungen, finden ein passendes Thema, grenzen dieses ein und erarbeiten sich ein genaueres Bild von Ihrer Zielgruppe. Letzteres ist eine besonders wichtige Aufgabe: Denn Sie müssen unterschiedliche Inhalte auswählen und sich sprachlich anders ausdrücken, wenn sich Ihr Text an Lai:innen oder an Expert:innen richtet. In diesem Kapitel erfahren Sie alles, was Sie brauchen, um sich optimal auf das Schreiben Ihres Fachtextes vorzubereiten.  

 

2.1 Fachtexte stilsicher und gehirngerecht schreiben: Auftrag und Rahmenbedingungen klären

Ob Sie einen Blogbeitrag, einen Bericht oder einen Fachartikel verfassen: Bevor Sie mit dem Schreiben loslegen, sollten Sie die Rahmenbedingungen klären. Wir stellen Ihnen Aspekte vor, mit denen Sie sich ganz am Anfang des Schreibprozesses beschäftigen sollten (inspiriert von Wymann & Neff, 2018 sowie Wymann, 2021). Überlegen Sie sich darüber hinaus, welche zusätzlichen Rahmenbedingungen in Ihrem Arbeitsumfeld von Bedeutung sind – klären Sie auch diese.

In jedem Schreibprojekt sollten Sie möglichst schnell eine Vorstellung von Ihrem Schreibauftrag entwickeln. Sie müssen also herausfinden, was zu tun ist – und zwar möglichst genau. Denn unpräzise Schreibaufträge sind eine häufige Ursache für Schreibprobleme (Kruse, 2007).

Ihren Schreibauftrag klären Sie, indem Sie folgende Fragen beantworten:

  • Was sind die Erwartungen an Ihren Text?
  • Welche Vorgaben müssen Sie beachten?
  • Zu welcher Textsorte gehört Ihr Fachtext?
  • Welche Konventionen müssen Sie beachten?
  • Wie viel Zeit haben Sie und wie planen Sie diese am besten?
  • Welche Arbeitsbedingungen brauchen Sie, um gut schreiben zu können?

Auf den folgenden Seiten gehen wir auf diese Fragen ein.

 

Was sind die Erwartungen an Ihren Fachtext?

Wenn eine Institution oder eine Person Ihnen einen Schreibauftrag gibt, sollten Sie mit den Verantwortlichen klären, was ihre Erwartungen an den Text sind. Fragen Sie danach, was der Text thematisch und inhaltlich leisten muss und wie er sprachlich geschrieben sein sollte. Je früher Sie die Erwartungen klären, desto weniger Unsicherheiten werden Sie beim Schreiben haben. Haben die Auftraggebenden keine klaren Vorstellungen, sollten Sie diese gemeinsam entwickeln. Diese Fragen können Ihnen dabei helfen, mit den Auftraggebenden die Erwartungen an den Text zu klären:

  • Kommunikation: Was ist das Kommunikationsziel? Welche Botschaft gilt es zu vermitteln? Was soll mit den Inhalten erreicht werden?
  • Zielgruppe: Wer ist die Zielgruppe? Wie viel Vorwissen hat die Zielgruppe? Was weiß sie noch nicht? Was sind die Erwartungen der Zielgruppe an den Text?
  • Ton: Sollen die Inhalte fachlich überzeugen und seriös wirken – oder sollen die Inhalte eher locker und unterhaltend vermittelt werden?

 

Welche Vorgaben müssen Sie beachten?

Wenn Sie einen Artikel für eine Fachzeitschrift schreiben, erhalten Sie von der Redaktion meistens einen mehr oder weniger umfassenden Leitfaden mit Richtlinien, in denen die Formalien geregelt sind. Manchmal finden Sie darin auch Hinweise zur Strukturierung und zu stilistischen Aspekten. Fordern Sie diese Informationen an, wenn Sie sie noch nicht erhalten haben. Dann können Sie schon während des Schreibens alle Vorgaben berücksichtigen und müssen nicht kurz vor der Abgabe den ganzen Text noch kürzen und umformatieren.

Schreiben Sie für die Kanäle Ihres Arbeitgebers, informieren Sie sich, ob für Ihre Textsorte bereits Richtlinien zum Umfang, zur Struktur, zum Schreibstil oder sogar zum Publikationsprozess bestehen. Orientieren Sie sich daran, um möglichst ohne Reibungsverluste durch den Schreibprozess zu kommen. Bestehen noch keine Richtlinien, sollten Sie die folgenden Punkte klären:

  • Struktur: Wie viele Strukturebenen gibt es? Welche Strukturelemente dürfen verwendet werden: Info-Boxen, Aufzählungen, Fettungen usw.
  • Sprache/Stil: Wünscht sich der Auftraggeber eine allgemein verständliche Sprache oder erwartet er auch Fachjargon? Gibt es bestimmte Schreibweisen oder Wörter, die verwendet werden sollen oder nicht verwendet werden dürfen? Gibt es Vorgaben zur Verwendung von Fremdwörtern oder von Genderschreibweisen?
  • Formales: Gibt es Vorgaben zur Textlänge, zur Länge von Titeln, Untertiteln und Überschriften? Gibt es vorgegebene Längen für den Lead, den Teaser oder die Zusammenfassung? Gibt es Zitationsrichtlinien? Gibt es Vorgaben zu Hervorhebungen?

 

Zu welcher Textsorte gehört Ihr Fachtext?

Die Textsorte ist bereits ein Kommunikationssignal. Sie bestimmt mit, wer Ihren Text liest und wie er inhaltlich, strukturell und sprachlich ausgearbeitet sein sollte. So hat zum Beispiel ein Whitepaper den Zweck, hochwertige Fachinformationen zu einer Problemstellung in kompakter Form darzustellen. Ob nun eine Fallstudie, Forschungsergebnisse, Ratgeber-Inhalte oder eine Mischung daraus präsentiert werden, spielt keine Rolle, solange die Inhalte nützlich sind. Allerdings gilt es immer, zumindest minimale textsortenspezifische Merkmale zu beachten. Ein Beispiel:

  • Umfang: Ein Whitepaper ist in ein kurzes Dokument, das je nach Problemstellung 5 bis 20 Seiten lang ist.
  • Struktur: Nach dem Cover folgt die einleitende Zusammenfassung. In der Einführung wird die Problemstellung vorgestellt. Im Hauptteil werden Hintergrundinformationen zum Thema geliefert, Lösungsansätze präsentiert und Beispiele vorgestellt (Best Practice). Und im Schlussteil werden die wichtigsten Punkte zusammengefasst.
  • Sprache/Stil: Die Sprache ist sachlich, prägnant, nicht blumig, nicht weitschweifig und nicht werberisch.

Jetzt sind Sie an der Reihe: Welche textsortenspezifischen Merkmale gibt es bei Ihrem Fachtext zu beachten? Schreiben Sie einen Bericht, der einer bestimmten Struktur folgen muss? Verfassen Sie einen Blogbeitrag, der eine zugängliche und bildhafte Sprache verlangt, weil er sich an ein breites Publikum richtet? Oder arbeiten Sie gerade an einem Fachartikel, der neben Titel, Untertitel und Zusammenfassung noch weitere typische Textbausteine hat? Informieren Sie sich über Ihre Textsorte und klären Sie diese Aspekte zu Beginn Ihres Schreibprozesses. So sparen Sie bei der Überarbeitung viel Zeit.

 

Welche Konventionen müssen Sie beachten?

„Konventionen sind so etwas wie stille Übereinkünfte. Alle halten sich daran und sie beeinflussen sehr wirkungsvoll das Verhalten“ (Kruse, 2018, S. 122). Bei Konventionen handelt es sich um unausgesprochene Regeln in Ihrer Fachrichtung, nach denen Sie sich richten sollten. Sie betreffen zum Beispiel den typischen Aufbau eines Artikels oder sprachlich-stilistische Aspekte. Solche Konventionen können den Charakter von sozialen Normen haben: Wenn Sie sich daran halten, demonstrieren Sie Zugehörigkeit. Brechen Sie die Konventionen, werden Sie womöglich „bestraft“, indem Ihrem Text nicht der Wert zugeschrieben wird, den er eigentlich verdient hätte. Wenn sich Ihr Text also an ein reines Fachpublikum richtet, sind Sie in der Regel gut beraten, sich an die fachlichen Konventionen zu halten.

Leider erschweren viele Konventionen die Lesbarkeit und Verständlichkeit von Fachtexten. Das zeigt sich insbesondere im wissenschaftlichen Bereich: In einzelnen Disziplinen gehören komplizierte Satzstrukturen und abstrakte Wörter zum guten Ton. Sobald sich ein Text an ein breiteres Publikum richtet, stören solche Konventionen allerdings die Kommunikation.

Analysieren Sie die Konventionen Ihres Fachbereichs und entscheiden Sie anschließend, ob Sie ihnen folgen möchten oder nicht. Vertrauen Sie auf Ihr Sprachgefühl: „Glauben Sie nicht, dass Sie Ihr eigenes Argument schwächen, wenn Sie es klar und in simplen Worten darstellen. Schwer verständliche Aussagen mögen Ihnen Schutz versprechen, während Sie sie hinschreiben. Aber sie bewirken das Gegenteil“ (Groebner, 2012, S. 125).

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Daniel Stalder und David Bisang, Fachtexte stilsicher und gehirngerecht schreibenDaniel Stalder, Schreibcoach, Schreibkurs-Leiter, Texter und Lektor, Pentaprim GmbH, Bern/Schweiz

David Bisang, Schreibcoach, Schreibkurs-Leiter und Lektor, Pentaprim GmbH, Bern/Schweiz

 

 

Über „Fachtexte stilsicher und gehirngerecht schreiben“

Wie schaffen es Fachpersonen, komplexe Inhalte auch einem Laienpublikum klar und verständlich zu vermitteln? In diesem Ratgeber erfahren Expert:innen und Wissenschaftler:innen, wie sie ihre Botschaften lesefreundlich, stilsicher und gehirngerecht aufs Papier bringen. Mit vielen Beispielen aus der Praxis, Checklisten und Übungen lädt der Ratgeber die Schreibenden dazu ein, das Gelernte umzusetzen.

 

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