Souverän präsentieren und argumentieren im Studium

Leseprobe Teuchert Souverän präsentieren

Rhetorische Fähigkeiten gezielt entwickeln und trainieren – dabei hilft Brigitte Teuchert mit ihrem neuen Buch Souverän präsentieren und argumentieren. Rhetorische Werkzeuge fürs Studium. Eine Leseprobe.

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Souverän präsentieren und argumentieren: Einleitung

1.2 Was sind rhetorische Werkzeuge?

Kommunikative Prozesse weisen eine sehr hohe Komplexität auf. Mit Worten kann man Inhalte verdeutlichen, Beziehungen beeinflussen, Handlungen auslösen oder sich selbst präsentieren. Diese Komplexität der Kommunikation wird durch vielfältige situative Einflüsse verstärkt. Ein Gespräch zu einer Hausarbeit mit einem:r Dozent:in wird vermutlich anders verlaufen als ein Gespräch bei einer Geburtstagsfeier im Freundeskreis.

Rhetorische Werkzeuge sind praktische Instrumente, die eine differenzierte und situationsangemessene Kommunikation ermöglichen. Sie führen Sie von Ihrer kommunikativen Absicht zu Ihrem kommunikativen Ziel. Je mehr Werkzeuge Sie kennen und praktisch nutzen können, desto genauer können Sie auf die Bedürfnisse der anderen und der Situation eingehen. Ähnlich wie ein:e Golfspieler:in unterschiedliche Schläger benötigt, um allen Spielanforderungen gerecht zu werden, benötigen Sie ein breites Repertoire an mündlichen Kompetenzen, um sich auf möglichst viele Situationen einstellen zu können.

Brauchen Sie z. B. Informationen zu einem geplanten Auslandsaufenthalt, kann der Erfolg davon abhängen, ob Sie die richtige Art von Fragen formulieren. Am Anfang werden es vermutlich sehr allgemeine Fragen sein, z. B. „An wen kann ich mich wegen einer Beratung wenden?“ Später können Sie gezielter nachfragen, wenn Sie schon Vorinformationen besitzen, z. B.: „Was genau muss ich tun, um in das Erasmus-Programm aufgenommen zu werden?“.

D. h., jede Situation, in der Sie sich mit anderen austauschen, erfordert ein spezifisches Vorgehen, um den eigenen Erwartungen und denen der Zuhörenden und der Gesprächspartner:innen gerecht zu werden. Sie müssen sich klar werden, was Sie erreichen wollen, was die Kommunikationspartner:innen erwarten, welche Anforderungen die Situation an Sie stellt und vor allem, welche unterschiedlichen Wege Ihnen kommunikativ zur Verfügung stehen. Je genauer Sie Ihr Verhalten darauf abstimmen können, umso erfolgreicher werden Sie kommunizieren.

Dies impliziert jedoch, dass es kein uniformes rhetorisches Verhalten gibt, dass also bestimmte Verhaltensweisen „immer gut“, andere „immer schlecht“ sind. Gerade persönliches Auftreten ist äußerst individuell: Am Telefon können wir beispielsweise schon beim ersten „Hallo“ nur an der Stimme den:die Anrufer:in identifizieren. Auch Körperausdruck oder die Bewegungen im Raum müssen einen stimmigen und authentischen Eindruck vermitteln. Wenn eher introvertierte Sprecher:innen plötzlich wild mit den Händen rudern, werden wir eher den Eindruck von missglücktem Schauspiel mitnehmen als den einer kompetenten und präsenten Persönlichkeit.

Ratgeber, die als scheinbares Patentrezept behaupten, man müsse sich nur gerade hinstellen, die Hände in Brusthöhe halten und laut reden, funktionieren nicht. Deshalb ist es wichtig, sich möglichst häufig Feedback einzuholen, um zu erfahren, wie man auf andere wirkt; man kann sich aber auch immer wieder auf Video aufnehmen, um sich ein eigenes Bild von sich zu machen. Mittelfristig führen Fremd- und Selbstwahrnehmung zu einem differenzierten Eindruck, wo Ihre individuellen Stärken liegen. Diese weiter auszubauen, ist Ziel rhetorischen Trainings.

Relevant ist, dass Sie z. B. nach einem Referat nicht nur pauschal sagen können, „Das ist mir gut gelungen!“, sondern genaue Kriterien zur Verfügung haben, die Sie heranziehen können. Beispielsweise, „Ich bin ruhig dagestanden, habe gestisch das Wesentliche unterstützt, den Blickkontakt zu den Zuhörenden hergestellt, die Inhalte nachvollziehbar strukturiert und verständlich dargestellt“. Oder, „Ich war etwas nervös und habe Sprechpausen nicht eingehalten, so dass die Zuhörenden den Eindruck hatten, ich spräche sehr schnell“. Erst solche analytischen Kriterien ermöglichen eine kontinuierliche Veränderung. Beim nächsten Mal können Sie gezielt z. B. auf Sprechpausen achten.

Rhetorische Werkzeuge dienen somit zum einen zur Umsetzung der eigenen kommunikativen Intentionen, zum anderen zur persönlichen Weiterentwicklung. Auch hier passt ein Vergleich mit dem Sport: der:die Trainer:in gibt individuelle Tipps, wie z. B. bestimmte Bewegungsabläufe optimiert werden können, um die jeweiligen Stärken noch weiter auszubauen. Nur wenn Sie genau wissen, was Sie verändern können und wollen, ist diese Veränderung in der Praxis umsetzbar.

Rhetorische Werkzeuge dienen

  • zur Reflexion der inneren Haltung und Einstellung,
  • dazu, die Fähigkeit zur Eigenanalyse auszubauen,
  • zur Analyse unterschiedlicher kommunikativer Ebenen
  • zum Erkennen eigener Stärken und Schwächen,
  • als Weg zu gelingender Kommunikation,
  • der Flexibilität, um jeder einzelnen Situation gerecht werden zu können,
  • der kontinuierlichen individuellen Weiterentwicklung.

 

1.3 Bedeutung fürs Studium

Mündliche Kompetenzen benötigen wir im Alltag erheblich häufiger als schriftliche. Trotzdem legt die Schule nach wie vor den Schwerpunkt auf die Schriftlichkeit. Wir lernen systematisch lesen und schreiben oder Aufsätze zu verfassen, jedoch kaum, wie wir auftreten, wie wir formulieren, wie wir uns in Rede und Gespräch ausdrücken können. Es herrscht das Motto „Reden können wir doch schon“, und wenn auch einige Ziele zur Mündlichkeit in den Lehrplänen stehen, werden die Lehrkräfte für die Umsetzung dieser Ziele in ihrem eigenen Studium wenig vorbereitet. Sie verfügen demzufolge in der Regel über geringes Hintergrundwissen zu rhetorischen Werkzeugen und kaum didaktisch-methodische Fähigkeiten, ihren Schüler:innen Rhetorik zu vermitteln.

Im Studium werden diese Kompetenzen jedoch vorausgesetzt. Nur an wenigen Universitäten und Hochschulen, die Studien- und Ausbildungsabschlüsse zur mündlichen Kommunikation anbieten, kann man sich umfassend qualifizieren (z. B. Aachen, Münster, Marburg, Halle, Stuttgart, Regensburg oder Tübingen).

Rhetorik wird als sogenannte Schlüsselqualifikation eingestuft. D. h., rhetorische Kompetenzen sind grundlegende Fähigkeiten, die unabhängig vom jeweiligen Studienfach zum Tragen kommen. Ein:e angehende:r Ingenieur:in braucht sie genauso wie Geistes- oder Naturwissenschaftler:innen oder Mediziner:innen. Insbesondere für „Sprechberufe“, wie z. B. Jurist:innen oder Lehrkräfte, wäre eine umfassende rhetorische Ausbildung zwingend notwendig. Das Studium konzentriert sich jedoch an nahezu allen Studienstandorten ausschließlich auf die fachliche Qualifikation.

Über das Studium hinaus ist nicht nur die inhaltliche Expertise wichtig. Für Praktika oder Werksstudententätigkeiten müssen Sie sich in der Regel bewerben. Auch hier ist erforderlich, sich rhetorisch zu präsentieren, z. B. in Auswahlgesprächen. Schriftliche Bewerbungsunterlagen zeichnen die Vita nach, den entscheidenden Eindruck verschaffen sich potenzielle Arbeitgeber:innen jedoch in mündlichen Situationen.

Dies gilt auch für spätere berufliche Tätigkeiten: Hier spielen seit Jahrzehnten insbesondere Assessmentcenter (AC) als Instrument zur Personalauswahl eine zentrale Rolle. ACs sind geprägt durch mündliche Anforderungen, z. B. eine Präsentation, eine Gruppendiskussion oder Einzelinterviews. Kommunikative Fähigkeiten fließen intensiv in die Bewertungen ein und stellen die Weichen für die Aufnahme einer Berufstätigkeit.

Gerade mit einem akademischen Abschluss werden im Beruf von Anfang an hohe Anforderungen an Ihre Kommunikationskompetenz gestellt: Sich in Meetings und Teams einbringen und evtl. durchsetzen, präsentieren, verhandeln, argumentieren, Feedback annehmen und geben oder mit Konflikten umgehen, gehören zu Ihren Aufgaben, unabhängig von Ihrer individuellen fachlichen Ausrichtung. Rhetorik ist unabdingbar notwendig zum Informationsaustausch, insbesondere aber auch zum Aufbau von Beziehungen und eines funktionierenden Netzwerks.

Die Studienzeit ist somit eine wichtige Phase, um kommunikative Fähigkeiten und Fertigkeiten auf- und auszubauen. Fachliche Expertise und kompetentes Auftreten müssen sich ergänzen, um sowohl im Studium als auch im Beruf erfolgreich agieren zu können.

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Cover Teuchert Souverän präsentieren und argumentierenBrigitte Teuchert:

Souverän präsentieren und argumentieren. Rhetorische Werkzeuge fürs Studium

 

 

 

 

Die Autorin

Dr. Brigitte Teuchert, Lehrbeauftragte und Prüferin Masterstudiengang „Speech Communication and Rhetoric“, Lehrgebiet mündliche Kommunikation und Sprecherziehung, Universität Regensburg

 

Über „Souverän präsentieren und argumentieren“

Rhetorische Kompetenzen sind der Schlüssel zu überzeugendem Auftreten – in Referaten, mündlichen Prüfungen und Seminardiskussionen. Erst durch klare und souveräne Kommunikation entfaltet fachliches Wissen seine volle Wirkung. Dieses Buch zeigt praxisnah, wie rhetorische Fähigkeiten gezielt entwickelt und trainiert werden können. Ein wertvolles Werkzeug für Studium, Karriere und alle Situationen, in denen es darauf ankommt, gehört und verstanden zu werden.

 

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