„Kita-Entwicklung – Ansätze und Konzepte für Organisationsentwicklung in der frühen Bildung“: Leseprobe

Haus der kleinen Forscher 15 Kita-Entwicklung

Eine Leseprobe aus Kita-Entwicklung – Ansätze und Konzepte für Organisationsentwicklung in der frühen Bildung, herausgegeben von der Stiftung Kinder forschen. Der Band erscheint noch unter dem ehemaligen Namen Stiftung „Haus der kleinen Forscher“.

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3 Entwicklung von Organisationen: Gestaltungsprinzipien

Im Folgenden werden theoretische Ansätze individueller Entwicklungsprozesse und -mechanismen betrachtet, da sie Hinweise geben, wie die Entwicklung von Organisationen konzipiert und gefördert werden kann und wo die Grenzen liegen.

 

3.1 Entwicklungsmechanismen als Motoren der Veränderung

Bei der Gestaltung von OE-Prozessen stellt sich die Frage: Was treibt die Verän­derung und nachhaltige Entwicklung voran? Hierzu einige Überlegungen aus der Entwicklungspsychologie über allgemeine Prinzipien und Mechanismen von Ent­wicklung:

Entwicklung steht immer in Verbindung mit eigenen Zielsetzungen und Lern­prozessen (vgl. Brandtstädter, 2011) und ist stets ein aktiver Prozess, der dauer­hafte Veränderungen im Erleben und Verhalten nach sich zieht. Sich entwickeln­de Systeme – Individuen, Teams oder ganze Organisationen – greifen einerseits Entwicklungsanlässe und Entwicklungsgelegenheiten aktiv auf und müssen sich andererseits mit neuen – internen oder externen – Anforderungen so auseinan­dersetzen, dass sie diese bewältigen können.

Individuelle Entwicklung wird ausgelöst durch Entwicklungsaufgaben, Über­gänge und kritische Lebensereignisse oder subjektive Markierungspunkte (Lehr, 1978). Analog haben Organisationen Entwicklungsaufgaben im Zuge ihrer Orga­nisationsgeschichte zu meistern, auch hier wird zwischen verschiedenen Entwick­lungsphasen unterschieden: der Pionierphase, der Differenzierungsphase, der Integrationsphase und der Assoziationsphase (Werther & Jacobs, 2014, S. 26). Relativ junge Organisationen sind in ihrer Pionierphase durch eine hohe Aufbruch­stimmung gekennzeichnet und unternehmen Aufbauarbeiten. In der nächsten Phase geht es um die Ausdifferenzierung von Aufgaben, Strukturen und Prozes­sen, um die Effizienz des Unternehmens sicherzustellen. Ältere Organisationen verändern ihre Angebotsstrukturen oder versuchen Stillstand, Verkrustungen und dysfunktionalen Strukturen entgegenzuwirken. Auch legen sie zunehmend Wert darauf, die Potenziale ihrer Mitarbeitenden zu nutzen und weiterzuentwickeln (ebd.).

Übergänge und kritische Ereignisse im Lebenslauf sind zudem Veränderun­gen, die mit neuen Herausforderungen in vielen Lebensbereichen einhergehen, z. B. der Übergang von der Kita in die Schule, der Beginn eines Studiums oder einer neuen Arbeit, die Geburt des ersten Kindes usw. Kritische Ereignisse sind unvorhergesehene oder ungewollte Veränderungen der Lebenssituation, z. B. durch Krankheiten, den Verlust wichtiger Personen oder Arbeitsplatzverlust (Fi­lipp & Aymanns, 2018). In Organisationen sind ebenfalls Übergänge (z. B. nach Expansion, durch einen Wechsel in der Leitung o. Ä.) und kritische Ereignisse wie beispielsweise Gesetzesänderungen, veränderte Nachfragestrukturen oder eine Pandemie zu bewältigen und erfordern neue Strategien und Kooperationsformen auf verschiedenen Ebenen der Organisation.

Subjektive Markierungspunkte sind gekennzeichnet durch plötzliche Er­kenntnisse sowie lebensverändernde Entscheidungen, wenn entsprechende Op­tionen und Gelegenheitsstrukturen gegeben sind. Individuen entscheiden sich z. B. für eine bestimmte Ausbildung oder eine Lebenspartnerschaft. In Kitas kön­nen OE-Prozesse in Gang gesetzt werden durch Entscheidungen des Trägers oder der Leitung zusammen mit den Teammitgliedern, beispielsweise um Strukturen zu verändern, neue Konzepte zu realisieren oder neue Angebotsformen zu schaffen. Auch hier spielen oftmals günstige Gelegenheiten, z. B. durch Angebote aus ge­förderten Projekten oder Bundesprogrammen, eine ausschlaggebende Rolle.

Ebenso wie in der pädagogischen Entwicklungsbegleitung ist bei der Ge­staltung von OE-Prozessen darauf zu achten, die Organisation auf ihren ver­schiedenen Ebenen und in ihren vielfältigen Facetten zu fordern, aber nicht zu überfordern. Nicht nur in der Lernbegleitung, sondern auch in der Organisations­entwicklung können Lernzyklen unterstützt werden: durch die Moderation des Prozesses durch Phasen der Motivation, das Setzen von Impulsen zur Umsetzung, die Förderung einer aktiven Aneignung neuer Arbeitsformen sowie durch die Er­probung, Reflexion und die Evaluation von Neuem (Wahl, 2006). Der geplante Wandel in Organisationen setzt daher voraus, dass im Vorfeld eine sorgfältige Bestandsaufnahme und Diagnose über den Zustand der Organisation, ihre Ver­änderungsbereitschaft und ihre Belastbarkeit über alle betroffenen Ebenen und Facetten der Organisation unternommen wird. Es geht also darum, welche Ver­änderungen und Lernprozesse den Mitgliedern der Organisation zugetraut bzw. zugemutet werden können.

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Stiftung HdKF Kita-Entwicklung 150 pxStiftung Haus der kleinen Forscher (Hrsg.):

Kita-Entwicklung – Ansätze und Konzepte für Organisationsentwicklung in der frühen Bildung

Wissenschaftliche Untersuchungen zur Arbeit der Stiftung Haus der kleinen Forscher, Band 15

 

 

Die Herausgeber

Die Stiftung Kinder forschen, ehemals Stiftung „Haus der kleinen Forscher“, mit Sitz in Berlin ist seit 2006 für eine bessere Bildung von Mädchen und Jungen im Kita- und Grundschulalter in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik engagiert

 

Über das Buch

Wie kann Organisationsentwicklung zu verbesserter Kita-Qualität führen? Der Band stellt zwei von vier im Projekt „Forum KITA-Entwicklung“ entstandene Expertisen vor, die sich mit dieser Frage beschäftigen. Die Ergebnisse zeigen, wie Kita-Entwicklung auf Erkenntnisse der Organisationspsychologie zurückgreifen kann. Eine besondere Bedeutung hat dabei das Handeln der Kita-Leitung in Zusammenarbeit mit anderen Akteuren.

 

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© Titelbild: gestaltet mit canva.com