„Architektinnen und Architekten arbeiten sehr wohl mit Sprache und Text.“ – Interview mit Autorin Simone Kraft

Im Verlag Barbara Budrich ist erschienen:

Schreiben im Architekturstudium

von Simone Kraft

 

Über das Buch

Architekten müssen nicht schreiben? Doch. Architektur muss kommuniziert werden – über das Wort ebenso wie über Pläne, Modelle und Animationen. Von der Entwurfsarbeit über wissenschaftliche Qualifikationsarbeiten bis hin zu Öffentlichkeitsarbeit – der Ratgeber sensibilisiert für die Bedeutung von sprachlicher Kommunikation in der Architektur, die im Studium oft vergessen und vor allem nicht kontinuierlich betreut wird. Das Buch schließt diese Lücke und vermittelt mithilfe von Praxisbeispielen und Übungen die Grundlagen des guten Schreibens, die nicht nur für das Studium, sondern auch für das erfolgreiche Wirken im Beruf wichtig sind.

 

Kurzvita der Autorin in eigenen Worten

Seit vielen Jahren kreist meine Arbeit um die Kommunikation von Architektur. Zum einen leite ich die Geschäftsstelle des Architekturschaufensters in Karlsruhe, das sich der Vermittlung von Architektur und Baukultur an ein breites Publikum durch Ausstellungen, Vorträge, Workshops, Tagungen und weitere Formate widmet (www.architekturschaufenster.de). Daneben arbeite ich immer wieder mit Universität und Hochschule zusammen, um Studierende der Architektur praktisch zu unterstützen – und dies sehr stark auch sprachlich/schriftlich. Im Rahmen des Mathilde-Planck-Stipendiums habe ich einen Lehrauftrag an der Karlsruher Hochschule mit einem Schwerpunkt auf Architekturkommunikation und -publikation.

Darüber hinaus bin ich schon lange als Architekturjournalistin und Lektorin tätig; ein besonderer Fokus meiner Arbeit gilt dabei der Verbindung von Architektur und Kunst (www.deconarch.com). Ich berate Architekten bei kommunikativen Aufgaben und insbesondere der schriftlichen Darstellung ihrer Arbeit.

Ganz neu trete ich gerade eine Stelle in einem Karlsruhe Architekturbüro an, um dort die Architekturkommunikation aufzubauen.

Mit einem Studium der Kunstgeschichte, Mittleren und Neueren Geschichte und der Philosophie in Heidelberg, London und Tübingen und der Promotion über die Ausstellung „Deconstructivist Architecture“ im New Yorker MoMA bin ich dabei mit einem kleinen „Umweg“ zur Architektur gekommen, der mir eine sehr große Bandbreite und eine umfassende Perspektive auf die Thematik ermöglicht.

 

1) Liebe Simone Kraft, bitte fassen Sie den Inhalt Ihrer aktuellen Publikation Schreiben im Architekturstudium für unsere Leser*innen zusammen.

In der Architektur wird gezeichnet, geplant, entworfen, klar, aber doch nicht ge­schrieben! Das ist eine erste Reaktion, der man häufig begegnet – auch und vor allem unter den „Betroffenen“ selbst. Und natürlich stimmt das auch, ein Stück weit. Im Architekturstudium werden keine umfangreichen Hausarbeiten geschrieben wie in der Geschichte etwa oder Forschungsberichte wie in Biologie oder Psychologie. Die Abgabeleistung für Architekturstudierende besteht, ähnlich wie in ande­ren kreativen Studiengängen, in einem „Produkt“ – einem Entwurf oder einem Konzept.

Dennoch wird auch und gerade in der Architektur sprachlich kommuniziert, schriftlich wie mündlich. Das übersieht man leicht. Man kommuniziert mit Bauherrinnen, auf der Baustelle, mit Kollegen, mit Chefinnen, auch mit Anwohnern, mit Laien und Interessierten, mit Behörden und Ausschüssen, mit den Medien, im Studium mit Kommilitonen und Lehrenden. Immer muss das, was im Kopf entstanden ist, weitergegeben werden. Dafür stehen viele Hilfsmittel zur Ver­fügung: Ideen können in Form von Modellen, Zeichnungen, Plänen mitgeteilt werden – und über Sprache. Dies beginnt im Studium mit Präsentationen und Vorträgen und setzt sich später im Beruf unverändert fort: E-Mails, Anträge, Bauherren-Gespräche, Wettbewerbsbeiträge, Pressemitteilungen, Darstellungen auf der Website, Texte für Verwaltung und Behörden … Die Palette an Berei­chen, in denen sprachlich kommuniziert wird, ist weitaus größer und fundamentaler, als es im ersten Augenblick den Anschein hat.

Kurz gesagt: Architektinnen und Architekten, ob im Studium oder danach, arbeiten sehr wohl mit Sprache und Text – denn auch die gesprochene Sprache, der Vortrag, die Präsentation ist ein Text, der vorbereitet wird. Sie neigen allerdings dazu, ihre sprachlichen Möglichkeiten zu vernachlässigen.

Hier setzt das Buch an. Es sensibilisiert dafür, was sprachliche Kommunikation kann und warum sie wichtig ist, und bietet dann mithilfe von Praxisbeispielen und Übungen einen Einstieg in die Grundlagen des guten Schreibens, die nicht nur für das Studium, sondern auch für das erfolgreiche Wirken im Beruf wichtig sind.

 

2) Wie kamen Sie auf die Idee, dieses Buch zu schreiben? Gab es einen „Stein des Anstoßes“?

Den gab es tatsächlich! Im Rahmen eines Stipendiums des Landes Baden-Württemberg (Mathilde-Planck-Lehrauftragsprogramm) habe ich einen Lehrauftrag für Architekturkommunikation und -publikation an der Hochschule Karlsruhe übernommen. In diesem Rahmen habe ich Architekturstudierende „kommunikativ“ betreut, indem ich sie unter anderem bei den Vorbereitungen für die Präsentationen ihrer Entwürfe begleitet habe. Wie fasse ich meine Ideen in Worte, wie strukturiere ich sie, wie teile ich sie mit, schriftlich wie mündlich, wie stelle ich sie dar, im Layout, in der Präsentation?

Bei dieser Arbeit mit den Studierenden haben wir im Betreuungsteam sehr schnell zweierlei festgestellt – zum einen, dass in dem Bereich des Schreibens über (eigene) Architektur sehr viel Unsicherheit herrscht und Bedarf an Begleitung besteht. Und zum anderen, wie sehr sich schon in kurzer Zeit eine Betreuung bemerkbar macht! Die Präsentationen wurden stringenter, strukturierter und insgesamt besser, runder. Aus diesen Beobachtungen und Erfahrungen entstand die Idee, ein Buch zum „Schreiben im Architekturstudium“ zu verfassen.

 

3) Was ist aus Ihrer Sicht die größte Herausforderung beim Schreiben im Architekturstudium und wie sollten Studierende ihr begegnen?

Die Vorstellung, Architektinnen und Architekten müssen nicht schreiben, herrscht leider unverändert vor und führt dazu, dass häufig sogar damit kokettiert wird. Im Studium wurde das Kommunizieren lange vernachlässigt (es ändert sich aber in jüngerer Zeit erfreulicherweise!). Tatsächlich sagen aber alle berufstätigen Architekten – das stimmt nicht, man muss sehr wohl sprachlich und schriftlich kommunizieren können.

Die größte Herausforderung dürfte es daher sein, die Hürde im Kopf zu überwinden. Auch Architekten und Architektinnen schreiben. Sprache und Text gehören dazu und sind ein zentrales Handwerkszeug in einer Palette von Hilfsmitteln, die ganz grundlegend zum Beruf dazu gehören. Nicht alles lässt sich zeichnen, nicht alles lässt sich sprachlich umschreiben.

 

4) Welchen abschließenden Tipp möchten Sie Architekturstudierenden in Bezug auf das wissenschaftliche Schreiben mitgeben?

Dran bleiben! Nicht abschrecken lassen! Gute sprachliche Kommunikation – schriftlich wie mündlich – lässt sich lernen. Und dabei geht es nicht um einen nobelpreiswürdigen Text, sondern um gut verständliche, strukturierte Texte, die helfen, eigene Gedanken weiterzugeben.

Insbesondere für das wissenschaftliche Arbeiten mit Quellen und Zitaten, das im Architekturstudium tatsächlich nicht ganz so häufig verlangt wird (weswegen es sogar eher schwieriger fällt: Weniger Routine bedeutet auch weniger Sicherheit in der Anwendung): Zu wissen wo man Informationen im Zweifelsfall nachschlagen kann, ist schon die halbe Miete.

 

5) Darum bin ich Autorin bei Budrich

Der Ansatz meines Buches passt wunderbar in die Reihe Schreiben im Studium des Verlags. Die Idee stieß gleich auf positive Rückmeldung, insbesondere durch die Herausgeberin der Reihe, Swantje Lahm, die das Projekt wunderbar und unkompliziert betreut hat.

 

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© Autorinnenfoto: privat

 

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