Bücher kalkulieren

Oft werden wir Verlagsleute gefragt, wie wir das eigentlich machen: Bücher kalkulieren. Beim wissenschaftlichen Publizieren treffen zwei Welten aufeinander: die Welt der Wissenschaft auf die Welt des Wirtschaftens. Für einen Wissenschaftsverlag ist ein Buch nicht nur eine Herzensangelegenheit, sondern auch ein Wirtschaftsgut: Wir Verlagsleute leben von dem, was wir tun.

Wie kalkulieren wir ein Buch? Welche Faktoren spielen in eine Publikation hinein? Im Folgenden erläutere ich beispielhaft, wie eine Buchkalkulation aussieht.

buecher kalkulieren Faktoren

 

Ladenpreis

Bei der Kalkulation ist der Ladenpreis wichtig: Seine Höhe bestimmt, wieviel Geld beim Verlag ankommt.

Bei der Kombination der unterschiedlichen Faktoren, müssen wir berücksichtigen, dass der Ladenpreis nicht beliebig in die Höhe schießen darf. Unabhängig von unseren Erwartungen und Wünschen, kann ein (zu) hoher Ladenpreis prohibitiv wirken.

Wenn wir also den Buchpreis kalkulieren müssen wir eine Ober- und eine Untergrenze beachten: Ist der Preis zu niedrig, reichen die Einnahmen aus dem Verkauf nicht, um die Kosten zu decken. Ist der Preis zu hoch, werden vielleicht nicht genügend Exemplare des Buches verkauft.

Insgesamt zeigt unsere Erfahrung, dass der Ladenpreis nur ein kleiner Faktor für den Erfolg eines Buches ist. Überschreitet er allerdings die Grenze der Zumutbarkeit für sein angepeiltes Lesepublikum, ist ein Zuschuss unumgänglich. Dies gilt erst recht, wenn wir das E-Book Open Access gestellt haben und somit kostenlos abgeben. Häufig bedeutet dies, dass nur noch sehr wenige gedruckte Exemplare des Buches verkauft werden können.

Open-Access-Publikationen werden deshalb mit Hilfe von sog. Book Processing Charges (BPCs) veröffentlicht. Die BPCs, die bei einer Veröffentlichung im Verlag Barbara Budrich anfallen, finden Sie in unserer Übersicht zu den Open-Access-Gebühren.

 

Bücher kalkulieren: die Herstellkosten

Herstellkosten (a) sind alle Kosten, die im direkten Zusammenhang mit der Produktion eines Buches anfallen. Von der Prüfung des Manuskripts mit entsprechendem Lektoratsgutachten, über Layout oder Prüfung einer Druckvorlage bis hin zu Kosten für die Umschlaggestaltung und die Produktion im engeren Sinne – Druck, Buchbinder usw. – all dies sind Kosten, bei denen klar ist, welche Publikation wieviel kostet.

Die Herstellkosten sind genau bezifferbar, wenn klar ist, wie umfangreich ein Buch ist: Je mehr Seiten, desto teurer. Und sie sind je nach Format und Ausstattung eines Buches zu beeinflussen: Ein Hardcover ist teurer als eine Broschur, vierfarbiger Druck ist teurer als schwarzweiß usw.

Anders verhält es sich mit den sogenannten Gemeinkosten.

 

Gemeinkosten

Die Gemeinkosten (b) fallen in unterschiedlichen Verlagen verschieden hoch aus, aber kein Unternehmen kommt ohne Gemeinkosten aus.

Hier unterscheiden sich Wissenschaftsverlage von Hochschulverlagen (zumindest im deutschsprachigen Raum). Letztere finanzieren sich i.d.R. vollständig und direkt aus Hochschulmitteln, während Verlage ihre eigene Existenz erwirtschaften. Dadurch entstehen einige Missverständnisse. Eines der grundlegenden Missverständnisse liegt im Bereich der wirtschaftlichen Kalkulation eines Buches. Während ein Hochschulverlag eine vorhandene Infrastruktur mitnutzen kann – von Personal- über Raumkosten inklusive der Büroausstattung bishin zu den Kosten für die digitale Infrastruktur, inklusive der Hardware und Software u.v.m. –, müssen all diese Dinge von den Wissenschaftsverlagen über den Verkauf von Publikationen oder Dienstleistungen erwirtschaftet werden.

In diesem Sinne können Gemeinkosten auch wirklich „gemein“ sein, weil sie zudem häufig „fix“ sind. Also „Fixkosten“. Unabhängig vom unternehmerischen Erfolg, bleibt die Höhe dieser Kosten immer gleich. Es sei denn, es gibt Veränderungen im Team oder Ähnliches.

Jede Publikation in einem Wissenschaftsverlag muss anteilig einen Beitrag zu diesen Gemeinkosten leisten. Sonst kommt das Unternehmen leicht in wirtschaftliche Schieflage.

 

Honorar

Bei vielen Buchkalkulationen in der Wissenschaft spielt das Honorar (c) eine untergeordnete Rolle: Die Zielgruppen für spezialisierte Wissenschaftsliteratur sind jeweils sehr klein. Daraus ergibt sich, dass keine großen Mengen von Exemplaren verkauft werden können. Und wo wenig verkauft wird, gibt es wenige Einnahmen. Gar nicht selten werden diese hochspezialisierten Titel über Zuschüsse fiinanziert. Ohne diese Zuschüsse würden die Bücher den Verlag in der Produktion mehr Geld kosten, als er über den Verkauf einnehmen kann. Wenn ein Unternehmen mehr ausgibt, als einnimmt, muss es alsbald Insolvenz anmelden: Es geht pleite.

 

Bücher kalkulieren: Rabatt

In Deutschland und Österreich gelten gebundene Ladenpreise: Der Verlag kalkuliert einen Ladenpreis und dieser muss von allen sog. Wiederverkäufer:innen eingehalten werden. Deshalb ist es in Deutschland und Österreich möglich, jedes Buch an jedem Ort zum gleichen Ladenpreis einzukaufen. Auf dem Land sind Bücher nicht teurer als in der Stadt oder im Internet. Das ist in der Schweiz anders: Hier wurde die Ladenpreisbindung vor einigen Jahren aufgehoben.

Zusammen mit den Regelungen um den Ladenpreis ist auch festgeschrieben, wem wieviel Rabatt (d) gewährt werden darf. Denn Verlage dürfen dem Buchhandel und anderen Wiederverkäufer:innen Rabatte gewähren, wie auch ihren eigenen Autor:innen und – in gewissen Grenzen – Bibliotheken. Und das war’s. Wo Autohändler:innen hie und da noch Sonderangebote ausrufen, wo andere Läden 2 zum Preis von 1 bieten oder 50% auf alles außer Tiernahrung, bleiben diese Preissenkungen im Buchhandel in Deutschland und Österreich in der Regel aus.

Sie haben schon Ausnahmen erlebt? Englische Bücher unterliegen nicht unbedingt der Ladenpreisbindung und so ist es auch bei Mängelexemplaren. Weitere Ausnahmen darf es dem Gesetz nach nicht geben.

Ein Verlag weiß bei der Kalkulation schon, dass rund 30 bis 40% des Ladenpreises in die Kasse von Buchhändler:innen gehen. Aus diesem Grund muss der Verlag darauf achten, dass 60% bis 70% des Ladenpreises ausreichen, damit die wirtschaftliche Seite der Ladenpreiskalkulation stimmt.

 

Gewinn

Auch Gewinn gehört für ein gesundes Unternehmen zum Wirtschaften. Gewinn ist notwendig, um über das Leben von der Hand in den Mund hinaus investieren und Krisen meistern zu können. Kein Verlag könnte in einer Krise (wie zum Beispiel bei den Umsatzrückgängen, die durch die Folgen einer Pandemie ausgelöst werden) seine Mitarbeiter*innen behalten, seine Miete bezahlen und seine Produktion fortsetzen, wenn er nicht ein Polster aus Vor-Krisenzeiten hätte.

Den Gewinn habe ich dennoch in der Infografik unterschlagen. Wer sich aber ein wenig mit dem Thema Buchkalkulation beschäftigt hat, weiß: Ohne Gewinn ist auch in einem Verlag kein wirtschaftliches Überleben möglich.

 

Bücher kalkulieren – zwischen Leidenschaft und Augenmaß

Nun haben Sie eine Vorstellung davon, was Verlage beachten, wenn sie eine Buchkalkulation vornehmen. Wenn Sie aufgepasst haben, müssen Verlage dafür von vornherein „wissen“, wie viele Exemplare eines Buches sie verkaufen werden. Da wir das im Vorfeld nie wissen können, stehen wir immer zwischen unserer eigenen Leidenschaft für ein Projekt, für Themen und Autor*innen und den wirtschaftlichen Notwendigkeiten, die uns zu Augenmaß zwingen. Vielleicht können Sie jetzt noch ein bisschen besser nachvollziehen, was sich hinter den Buchpreisen verbirgt

 

Die Autorin

Porträt der Verlegerin Barbara Budrich mit offenen langen Haaren, dunklem Jacket über einem T-Shirt, freundlich lächelnd.Barbara Budrich, M.A., ist von Kindesbeinen an im Wissenschaftsverlag tätig und seit 2004 selbstständige Verlegerin. Außerdem ist sie Trainerin und Coach für wissenschaftliches Schreiben und Publizieren im Schulungsunternehmen budrich training. Zudem ist sie selbst Autorin. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz führt sie seit 2015 als Vorbildunternehmerin.

 

 

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© Foto Barbara Budrich: privat | Titelbild: pexels.com ; Dziana Hasanbekava