Die Zukunft der Demokratie muss neu gestaltet werden – Demokratie als Selbst-Regieren. Demokratische Innovationen von und mit Bürgerinnen und Bürgern bietet einen innovativen Ansatz. Wir haben ein Interview mit Autorin Brigitte Geißel zu ihrem neuen Buch geführt.
Interview mit Brigitte Geißel
Liebe Brigitte Geißel, worum geht es in Demokratie als Selbst-Regieren?
Es geht in meinem Buch um die Frage, wie Menschen reagiert werden wollen. Wir werden ja in der Regel in ein politisches System geboren und haben wenig Einflussmöglichkeit darauf – also beispielsweise, ob wir Volksentscheide haben wollen oder ob alle politischen Entscheidungen durch Politiker gefällt werden sollen.
Ich plädiere in meinem Buch dafür, dass Demokratie als Herrschaft des Volkes auch die Entscheidung über das politische System beinhaltet, wie Jefferson bereits vor 200 Jahren gefordert hat. Menschen sollten selber entscheiden, wie Verfassungen, Gesetze und andere Regelungen entschieden werden, denen sie unterworfen sind. Sie sollten also Einfluss darauf haben, wie das politische System gestaltet ist, in dem sie leben.
Wie kamen Sie auf die Idee, dieses Buch zu schreiben? Gab es einen „Stein des Anstoßes“?
Ich befasse mich seit vielen Jahren mit den Themen Demokratie und demokratische Innovationen. Gleichzeitig weiß ich als Professorin für Vergleichende Politikwissenschaft, dass unterschiedliche Staaten mit unterschiedlichen Problemen konfrontiert sind. Beispielsweise ist der Wunsch nach Veränderungen bei der politischen Entscheidungsfindung in Finnland geringer ausgeprägt als in Bulgarien.
Wenn wir überlegen, wie Demokratie verbessert werden kann, sollten wir also zunächst die Menschen selber fragen – welche Veränderungen wollen sie? Da die meisten Menschen sich bislang wenig mit dieser Frage befasst haben, brauchen sie Anregungen. Mein Buch bietet diese Inspirationen.
Für wen ist Ihr neues Buch gedacht?
Mein Buch richtet sich an Menschen, die Interesse an der Zukunft der Demokratie haben und sich mit entsprechenden Fragen befassen. Dies sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Studierende, Lehrerinnen und Lehrer, und interessierte Bürgerinnen und Bürger.
Für die praktische Umsetzung schlagen Sie Verfahren und Praktiken vor, die Bürger*innen und Communitys unterstützen, ihre eigenen Visionen von Demokratie zu entwickeln. Können Sie uns hierfür ein Beispiel geben?
Ich stelle verschiedene Verfahren für verschiedene Regelwerke vor. Denn beispielsweise sollten Verfassungen erst nach einem längeren Beteiligungsprozess mit vielfältigen Möglichkeiten der Einflussnahme entscheiden werden als Gesetze.
Beispielsweise schlage ich bei der Gesetzgebung eine umfangreiche politische Willensbildung vor – mit einer Mischung aus zufallsausgewählten Bürgerräten, öffentlichen Debatten und parlamentarischen Diskussionen. Ich plädiere dafür, viele endgültige Entscheidungen durch sogenannte Multi-Themen-Volksentscheide zu fällen, Bei Multi-Themen-Volksentscheiden können die Bürgerinnen und Bürger gleichzeitig über mehrere Gesetzesvorschläge entscheiden und diese nach ihrer Bedeutung gewichten. Weiterhin schlage ich Mehrebenen-Bürgerräte und sogenannte ‚Deliberation Days‘ vor. All diese neuen Praktiken stelle ich in meinem Buch ausführlich vor.
Darum bin ich Autorin bei Budrich
Ich arbeite sehr gerne mit dem Verlag Barbara Budrich zusammen. Barbara Budrich kenne ich seit vielen Jahren und ich schätze ihre professionelle und gleichzeitig unkomplizierte Art. Meine Wahl fiel auch auf Budrich, weil er der Verlag ideal für mein Buch ist, das sich an ein breites Publikum richtet.
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Brigitte Geißel:
Demokratie als Selbst-Regieren. Demokratische Innovationen von und mit Bürgerinnen und Bürgern
Die Autorin: Brigitte Geißel
Dr. Brigitte Geißel ist Professorin für Politikwissenschaft/politische Soziologie und Leiterin der Forschungsstelle ‚Demokratische Innovationen‘, Goethe Universität Frankfurt. Sie lehrte/forschte an verschiedenen Universitäten, z.B. Harvard University, WZB, Vietnamese German University Saigon, Abo Akademi University (Finnland), University of Illinois.
Für ihre Demokratie-Studien erhielt sie mehrere Auszeichnungen, z.B. ein Democracy-Fellowship der Harvard University, ein Marie-Curie-Fellowship der EU, und ein Senior Fellowship des Alfried Krupp Wissenschaftskollegs.
Über das Buch
Die Zukunft der Demokratie muss neu gestaltet werden – dieses Buch bietet einen innovativen Ansatz. Es argumentiert, dass Bürger*innen selbst entscheiden sollen, wie sie sich regieren wollen. Überzeugend verknüpft die Autorin theoretische Begründungen und empirische Erkenntnisse, die ihr Konzept von Demokratie als Selbst-Regieren untermauern. Für die praktische Umsetzung schlägt sie Verfahren und Praktiken vor, die Bürger*innen und Communitys unterstützen, ihre eigenen Visionen von Demokratie zu entwickeln. Damit ist dieses Buch von Interesse für Wissenschaftler*innen, Studierende, Bürger*innen und politische Entscheidungsträger*innen, denen die Zukunft der Demokratie am Herzen liegt.
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© Foto Brigitte Geißel: privat | Titelbild gestaltet mit canva.com