Perspektivenwechsel in der Postmigrationsforschung

Interview Ahmad Sabsabe Postmigrationsforschung

Ausgezeichnet mit dem Stiftungspreis „Bildung und Integration“ 2024 der Universität zu Köln sowie dem Thesispreis der Katholischen Hochschule NRW: Ahmad Sabsabe präsentiert in seiner Bachelorthesis Familien im Kontext von Herkunft, Migration und neuer Heimat. Perspektivenwechsel in der Migrationsforschung: Eine syrische Familie in Deutschland spannende Blickwinkel in der Postmigrationsforschung. Durch die Auseinandersetzung mit Ressourcen von Geflüchteten verlässt der Autor die defizitorientierte Perspektive, die in der Migrationsforschung häufig vorherrscht.

 

Interview zum Buch „Familien im Kontext von Herkunft, Migration und neuer Heimat“

 

Lieber Ahmad Sabsabe, worum geht es in Familien im Kontext von Herkunft, Migration und neuer Heimat?

Es geht um die Untersuchung der komplexen Veränderungen im Leben syrischer Migrantenfamilien nach der Flucht nach Deutschland. Die Studie beleuchtet sowohl die Herausforderungen, die im neuen Umfeld entstehen, als auch die Ressourcen, die Familien aus ihrer Herkunft mitbringen oder durch Migrationserfahrungen entwickeln. Dabei verlasse ich bewusst die oft defizitorientierte Perspektive der Migrationsforschung und strebe ein differenziertes Verständnis der Lebensrealitäten migrierter Familien an, um konkrete Impulse für die Soziale Arbeit zu liefern.

 

Wie kamen Sie auf die Idee, Ihre Bachelorthesis zu diesem Thema der Postmigrationsforschung zu verfassen? Gab es einen „Stein des Anstoßes“?

Themen wie Flucht und Migration haben mich im Studium begeistert, insbesondere aufgrund meiner eigenen Fluchterfahrungen und der Beobachtungen in meiner Community, wie sich das (Familien-)Leben durch Migration verändert. Mit meiner Bachelorarbeit wollte ich diese Erfahrungen wissenschaftlich aufarbeiten, um die Herausforderungen und Ressourcen der Betroffenen besser zu verstehen und Ansätze für die Soziale Arbeit zu entwickeln, die gezielte Unterstützung ermöglichen.

 

In Ihrer Bachelorthesis geben Sie praxisnahe Handlungsempfehlungen für die Soziale Arbeit im postmigrantischen Kontext. Würden Sie uns einen Einblick geben?

Zentrale Ansätze meiner Handlungsempfehlungen umfassen die Lebensweltorientierung und das Empowerment. Die Lebensweltorientierung ermutigt Sozialarbeitende, kulturelle Prägungen und individuelle Ressourcen der Familien wertschätzend einzubeziehen.

Empowerment zielt darauf ab, die Selbstbestimmung und Autonomie der Familien zu fördern, damit sie ein ‚besseres Leben‘ nach eigenen Maßstäben führen können. Eine kontinuierliche, kritische Reflexion ist dabei essenziell: Sozialarbeitende sollten ihre eigenen Wissens- und Machtstrukturen hinterfragen, um Ungerechtigkeiten im System zu erkennen und ihrer Verantwortung gerecht zu werden.

Ebenso wichtig ist eine bedarfsorientierte Informationsbereitstellung, damit Zielgruppen gezielt auf relevante Ressourcen zugreifen können. Lebensweltorientierte Angebote sollten intensiviert und so gestaltet werden, dass sie die spezifischen Bedürfnisse der Zielgruppen erfüllen. Männer sollten als integrale Bestandteile der Lösung aktiv einbezogen und Frauen aufgrund ihrer zentralen Rolle in Familie und Gesellschaft gezielt gefördert werden.

Schließlich ist eine diskriminierungskritische Berücksichtigung herkunftsbedingter und postmigrationsbezogener Einflüsse entscheidend, ohne diskriminierende Handlungen zu reproduzieren. Diese Empfehlungen sollen dazu beitragen, dass die Soziale Arbeit geflüchtete Familien ganzheitlich und nachhaltig unterstützt.

 

Wie sind Ihre beruflichen Pläne für die Zukunft? Planen Sie, im Kontext der Postmigrationsforschung zu bleiben?

Demnächst werde ich im Studiengang Empowerment Studies meine Master-Thesis verfassen, die ebenfalls im Bereich der postmigrantischen Forschung angesiedelt ist. Für die Zukunft bin ich offen, möchte jedoch gezielt sowohl in der Wissenschaft als auch in der Praxis aktiv zu einer gerechteren Gesellschaft beitragen und postmigrantische Themen mittragen und weiter vorantreiben.

 

Darum bin ich Autor bei Budrich

Als Absolvent der Sozialen Arbeit und Masterstudent der Empowerment Studies ist der Verlag Barbara Budrich für mich eine ausgezeichnete Adresse, um qualitativ hochwertige und sozial relevante Publikationen zu finden. Ich bin sehr dankbar für die Möglichkeit, meine Thesis hier zu veröffentlichen, sowie für die umfassende Begleitung und Unterstützung, die ich während des gesamten Prozesses erhalten habe. Damit bin ich zuversichtlich, einen Beitrag zur öffentlichen und kritischen Diskussion sozialwissenschaftlicher Fragestellungen leisten zu können.

 

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Ahmad Usamah Sabsabe:

Familien im Kontext von Herkunft, Migration und neuer Heimat. Perspektivenwechsel in der Migrationsforschung: Eine syrische Familie in Deutschland

ausgezeichnet mit dem Stiftungspreis „Bildung und Integration“ 2024
ausgezeichnet mit dem katho-Thesispreis

 

 

 

Der Autor: Ahmad Sabsabe

Sabsabe, Ahmad 2024 © Patric FouadGeboren in Homs, Syrien, ist Ahmad Sabsabe Masterstudent der Empowerment Studies an der Hochschule Düsseldorf. Zuvor absolvierte er sein Bachelorstudium der Sozialen Arbeit an der Katholischen Hochschule Köln. Mit praktischer Erfahrung u.a. als freiberuflicher Referent und in verschiedenen sozialen Projekten setzt er sich für Migration und diversitätssensible Themen ein. Ahmad ist Stipendiat der Heinrich-Böll-Stiftung und wurde für sein Engagement sowie seine akademischen Leistungen mehrfach ausgezeichnet.

 

Über das Buch

Wie kann sich Familienleben in Folge der Flucht nach Deutschland verändern? In seiner Bachelorthesis geht Ahmad Sabsabe dieser Frage anhand eines leitfadengestützten Interviews mit einer syrischen Mutter, die seit 2016 in Deutschland lebt, nach. Der Band fokussiert die herkunfts- und (post-)migrationsbezogenen Herausforderungen, die Familien im neuen gesellschaftlichen Kontext erleben. Er beleuchtet ebenso die Ressourcen, die diese mitbringen und die sich aufgrund ihrer Erfahrungen entwickeln. Durch seine persönliche Perspektive als 2015 aus politischen Gründen Geflüchteter bietet der Autor eine Sichtweise, die das situierte Wissen des Forschenden integriert und zugleich kritisch reflektiert.

 

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© Foto Ahmad Sabsabe: Patric Fouad | Titelbild gestaltet mit canva.com