Niedrigschwellige und illustrative Einführung in das Thema Organisationen und Institutionen der Sozialen Arbeit: Wir haben ein Interview mit Jens Pothmann und Holger Schmidt, den Autoren von Soziale Arbeit – die Organisationen und Institutionen geführt.
Interview mit Jens Pothmann und Holger Schmidt
Lieber Jens Pothmann, lieber Holger Schmidt, bitte fassen Sie den Inhalt Ihrer aktuellen Publikation Soziale Arbeit – die Organisationen und Institutionen für unsere Leser*innen zusammen.
Wie der Titel schon sagt, steht im Fokus dieses Lehrbuchs die Organisation Sozialer Arbeit, aber auch deren Institutionalisierung. Organisation muss auf mindestens zwei Ebenen verstanden werden. Zum einen geht es um die Frage, wie Soziale Arbeit organisiert ist und dabei auch um Zusammenhänge mit anderen Organisationen und Institutionen in der Gesellschaft. Zum anderen geht es jedoch auch um Soziale Arbeit in Organisationen sowie Organisationen der Sozialen Arbeit selbst, wie zum Beispiel Jugendämter, Einrichtungen der Hilfen zur Erziehung usw. Da Soziale Arbeit immer im Rahmen solcher Organisationen und organisationalen Zusammenhängen erbracht wird, bedingt sich professionelle Arbeit und Organisation gegenseitig. Dabei werden Handlungen von Fachkräften, aber auch von Adressat*innen institutionalisiert.
Wie kamen Sie auf die Idee, dieses Buch zu schreiben? Gab es einen „Stein des Anstoßes“?
Ganz praktisch stand am Anfang die Anfrage des Herausgeberteams, einen Band zu den Institutionen und Organisationen für die Reihe zu den Grundlagen der Sozialen Arbeit beizusteuern. Reizvoll war an der Aufgabe und ist an dem Thema, dass es unseres Erachtens nicht die Relevanz hat, die eigentlich notwendig wäre und zudem bei (angehenden) Fachkräften nur wenig geschätzt wird. Vor diesem Hintergrund möchten wir nicht nur in das Thema inhaltlich einführen, sondern wollen, wenn nicht begeistern, so doch aufzeigen, dass die damit verbundenen Themen spannend sein können und gerade mit Blick auf die auszuhaltenden Ambivalenzen vor allem einen unmittelbaren Praxisbezug haben. Soziale Arbeit findet immer in Organisationen und institutionellen Kontexten statt. Die Träger sind die zentralen Arbeitgeber für (angehenden) Fachkräfte. Und natürlich zeichnet sich gesellschaftlicher Wandel nach wie vor durch Institutionalisierungsprozesse wie eine Sozialpädagogisierung von Lebensphasen und Lebenswelten aus. Da lohnt es allemal genauer hinzusehen.
Sie legen in Ihrem Buch einen Fokus auf Wechselwirkungen zwischen sozialpädagogischem Handeln und bürokratischen Strukturen. Welche Chancen und Risiken gehen mit diesen Wechselwirkungen einher?
Eine ganze Reihe. Bürokratische Strukturen in Organisationen machen professionelles Handeln erst möglich, zumal Soziale Arbeit schließlich insbesondere von der öffentlichen Hand finanziert wird. Gleichzeitig will Soziale Arbeit als Profession möglichst unabhängig von äußeren Einmischungen aufgrund eines professionellen Selbstverständnisses wirken, was aber aufgrund von Zwängen in Organisationen oder auch Verstrickungen mit sozialstaatlichen Regulierungen nicht möglich ist. Die daraus entstehenden Paradoxien sind Teil der Sozialen Arbeit und müssen von jeder Fachkraft ausgehandelt und ausgehalten werden. Überwiegt eine Seite zu stark, kann dies negative Folgen für die Arbeit und damit für die Menschen, auf die sie zielt, haben und sollten immer Anlass für Organisationsentwicklung sein.
Organisationen sind keine starren Gebilde, sie unterliegen dem Wandel. Wie zeigt sich in den letzten Jahrzehnten die Veränderungsdynamik von Organisationen in der Sozialen Arbeit?
Sicherlich sehr heterogen. Wir haben den Eindruck, dass einerseits eine Tendenz zur Standardisierung besteht, die zwar gewisse Sicherheit, besonders für Fachkräfte, mit sich bringt, gleichzeitig jedoch den Erkenntnissen professionellen Handelns mit Adressat*innen entgegenstehen kann. Eine zunehmende Marktorientierung bringt Veränderungen insbesondere bei Freien Trägern mit sich: flexiblere Arbeitsverträge und Arbeitszeiten, Fachkräfte mit heterogenen Ausbildungen. Gleichzeitig werden in vielen Bereichen jedoch Fachkräfte gesucht, was wiederum zu einem gewissen Wettbewerb um gut ausgebildete Fachkräfte, gerade in sensiblen Bereichen wie den (Allgemeinen) Sozialen Diensten führen kann. Gleichzeitig bleiben insbesondere kommunale Organisationen sehr stabil, auch wenn aufgrund von Veränderungen in deren Umwelt Anpassungen notwendig wären.
Darum sind wir Autoren bei Budrich
Wir sind froh, dass mit dem Verlag Barbara Budrich ein Verlag mit hohem Anspruch an das wissenschaftliche Niveau unser Lehrbuch sowie die gesamte Reihe herausbringt. Die Zusammenarbeit mit dem Verlag, das hat sich bereits bei anderen Projekten gezeigt, ist extrem angenehm und freundlich und man hat uns alle Freiheiten gegeben, um ein möglichst gutes Produkt zu fertigen.
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Jens Pothmann, Holger Schmidt:
Die Autoren: Jens Pothmann und Holger Schmidt
Dr. Jens Pothmann; Jahrgang 1971; seit 2021 Leitung der Abteilung Jugend und Jugendhilfe im Deutschen Jugendinstitut e.V.; nach Abschluss Diplom-Pädagoge zwischen 1999 und 2020 an der TU Dortmund im Bereich der Kinder- und Jugendhilfeforschung in unterschiedlichen Funktionen tätig; Promotion in der Erziehungswissenschaft 2004.
Themenschwerpunkt: Arbeitsfelder der Kinder- und Jugendhilfe, Organisationen und Institutionen der Sozialen Arbeit, Sozialberichterstattung und Sozialstatistiken.
Prof. Dr. Holger Schmidt; Jahrgang 1967; seit 2014 Professur für die Wissenschaft der Sozialen Arbeit an der FH Dortmund; in den 90er Jahren an der FH Dortmund Diplomsozialpädagoge geworden; 9 Jahre Praxis in der Sozialen Arbeit; ab 2008 an der TU Dortmund als Wissenschaftlicher Mitarbeiter; Promotion in der Sozialpädagogik 2013; Vertretungsprofessor an der Leuphana Universität Lüneburg.
Themenschwerpunkt: Soziale Normen in der Sozialen Arbeit, Offene Kinder- und Jugendarbeit, Tagesgruppen
Über das Buch
Soziale Arbeit – die Organisationen und Institutionen führt niedrigschwellig und illustrativ in das Thema Organisationen und Institutionen der Sozialen Arbeit ein und bietet verschiedene Lesarten und Deutungen dieser zentralen Dimension der Sozialen Arbeit an. Die Einführung beleuchtet Grundbegriffe, Aufgaben und Funktionen im Horizont von anderen Dimensionen der Sozialen Arbeit wie AdressatInnen und Profession. Auch die Veränderungsdynamiken von und in Organisationen werden in den Blick genommen.
© Titelbild gestaltet mit canva.com