Verlage gegen Rechts: Diskurse nicht den Rechten überlassen!

Plakat-Aktion Hamburg 31.01.2025 © Maximilian Probst für Verlage gegen Rechts 0892

Seit Anfang Januar steht der Verlag Barbara Budrich auf der Unterstützer*innenliste der Verlage gegen Rechts. Was steckt hinter dem Aktionsbündnis, was wurde schon erreicht und was sind die nächsten Ziele? Wir haben ein Interview mit seinen Vertreter*innen geführt.

 

Was ist Verlage gegen Rechts?

Logo Verlage gegen Rechts
Logo „Verlage gegen Rechts“

Wir sind ein Aktionsbündnis für einen wachen, vielfältigen und respektvollen Literaturbetrieb. Wir organisieren Veranstaltungen und Podien auf den Buchmessen und treffen uns regelmäßig, um Aktionen zu planen, uns zu vernetzen, Positionen zu diskutieren und Materialien zu erstellen. Verlage gegen Rechts sind dabei nicht nur die, die im Verlag arbeiten.

Wir sind ein Bündnis für alle, die Bücher machen – die schreiben, übersetzen und gestalten, die verbreiten und vermitteln.

 

Wie entstand die Idee, dieses Aktionsbündnis ins Leben zu rufen?

2016 waren in Leipzig plötzlich zum ersten Mal rechte Publikationen auf der Buchmesse, dieses faschistoide Compact-Magazin hatte einen großen Stand in Halle 5, der Halle der Unabhängigen. Ein paar von uns haben sofort einen Flashmob gestartet mit dem Hashtag #verlagegegenrechts. Und es war toll, wie viele Verlage und andere Buchmenschen direkt mitgemacht haben, wir haben laut gegen den Stand demonstriert und uns dagegen gewehrt, dass so faschistoide Parolen auf einmal sagbar sein sollen – nein, nicht mit uns, nicht auf unserem großen Kulturevent Buchmesse.

Wir haben gute Presse gekriegt und viel Rückhalt, und dann wollten wir was Konstruktives gegen die menschenverachtenden Inhalte der rechten Populisten setzen und haben – unterstützt von der Leipziger Buchmesse – die wichtigen Themen mit eigenen Diskussionen besetzt, so dass es bei der nächsten Leipziger Buchmesse überall starke Panels von Verlage gegen Rechts gab.

Unser Bündnis stellte sich also gleich mit hochkarätigen Podiumsdiskussionen auf – gegen Rassismus, Antisemitismus, Queerfeindlichkeit, Antifeminismus und Ableismus in der Buchbranche. Auch um die Diskurse nicht den Rechten zu überlassen.

 

Was ist seit Gründung von Verlage gegen Rechts passiert? Auf welche Meilensteine blicken Sie zurück?

Wir hatten von Anfang sehr breite Unterstützung aus der Buchbranche, die Mehrheit der unabhängigen Verlage war solidarisch (nur die Konzernverlage haben sich jahrelang extrem zurückgehalten) und die Messe eben auch. Die Rechten haben nach ein paar Jahren frustriert aufgegeben, jedenfalls bei der Leipziger Buchmesse.

Trotzdem hat es gedauert und war schwer, den Leipziger Funken auch nach Frankfurt zu tragen – die Buchmesse da wollte sich lange nicht positionieren. Dann gab es 2018 und 2019 diese Eklats mit randalierenden und toxisch auftretenden Rechten, und schließlich wurde uns auch in Frankfurt etwas Raum gegeben. Das war natürlich sehr wichtig.

In den letzten paar Jahren sind wir stark gewachsen und haben viele junge Menschen aus der Buchbranche dazubekommen, unter anderem Blogger*innen, Grafiker*innen, etc. Wir haben dann unsere internen ehrenamtlichen Strukturen transparenter gemacht, konnten mehrere Arbeitsgruppen gründen und eine neue Website entwickeln, die alle wichtigen Informationen zu Verlage gegen Rechts und den Aktivitäten des Bündnisses bündelt.

Unser Ziel ist es, diesen Raum so barrierearm wie möglich zu gestalten, damit die Inhalte für möglichst viele Menschen zugänglich sind. Beispielsweise ist die Schrift gut lesbar, die verwendeten Farbkombinationen, die bei jedem Seitenaufruf zufällig ausgewählt werden, bieten einen optimalen Kontrast und einen schwarz-weiß-Modus für Nutzer*innen mit sensorischer Hochsensibilität. Die Website kann vollständig auditiv mithilfe eines Screenreaders konsumiert werden. Bilder und Grafiken sind durch umfassende Alternativtexte versehen.

Das Designbüro Zweifel hat außerdem Materialien wie Sticker, Lesezeichen oder Demobanner gestaltet, welche gegen Spende bei uns bestellt werden können.

Im Januar 2024 haben wir eine Kampagne für den Buchhandel gestartet: „Positioniert Euch!“ lautet die Aufforderung, denn es braucht Solidarität auf allen Ebenen, Unterstützung für die Anstrengungen von mutigen Büchermenschen und für die Vielfalt unabhängigen Verlegens. Es wurden bundesweit tausende Plakate, mit der Aufschrift „Bücher, die wissen wo sie stehen”, an Buchhandlungen und Kulturorte versendet, wo sie auch heute noch hängen.

Zur Leipziger Buchmesse 2024 haben wir ein vielfältiges Programm mit dreizehn Panels auf die Beine gestellt. Thematisiert wurden Antisemitismus, Klassismus, Ziviler Ungehorsam & kreativer Widerstand, feministisches Übersetzen und politische Krimiautor*innen; es wurde über Wassergewalt im Mittelmeer und rechte Kräfte auf dem Vormarsch gesprochen, immer mit der Frage nach Hintergründen und Handlungsmöglichkeiten. Wir konnten Betroffenen rechter Gewalt sowie engagierten Personen aus der Buchbranche eine Bühne geben.

Plakate gegen Rechts Auswahl
Auswahl aus den „Plakaten gegen Rechts“

Im Sommer letzten Jahres haben wir einen Open Call gestartet, der dazu aufrief, Plakate gegen Rechts zu gestalten. Über 600 Einreichungen haben uns erreicht und inzwischen finden sich über 350 Plakatmotive auf unserer Website zum kostenfreien Download, bei nicht-kommerzieller Nutzung. Die Plakate funktionieren als Demoschild, bei Lesungen oder Ausstellungen oder können plakatiert werden.

Zudem ist im Januar 2025 unser Publikationsdebüt in Form der Plakat-Zeitung „Augen auf!” erschienen. Enthalten sind 30 lautstarke Plakate gegen Rechts, eine textliche Einordnung des Projekts und eine Anleitung zum Plakatieren. Die Plakat-Zeitung kann gegen Spende über unsere Website bestellt werden. Bis dato wurden hunderte Plakat-Sets und Plakat-Zeitungen bei uns bestellt und beispielsweise in Buchhandlungen, Bildungsinstitutionen, Kinos, Cafés oder KZ-Gedenkstätten ausgestellt.

Auf der Frankfurter Buchmesse 2024 waren wir nicht nur mit unseren Stickern und Lesezeichen präsent, sondern haben zwei Veranstaltungen organisiert: „Buchprojekte mit Schüler*innen: Von Empowerment und unterdrückten Perspektiven” und „Leider keine Einzelfälle! Rechtsradikale Strukturen in Gesellschaft und Behörden”.

 

Wie können Menschen Verlage gegen Rechts unterstützen?

Unser Bündnis arbeitet ehrenamtlich. Wir brauchen aber trotzdem finanzielle Unter­stützung, um beispielsweise faire Honorare für Referent*innen bezahlen zu können, Reisekosten zu decken oder neue Materialien herzustellen. Wir sind auf Spenden angewiesen und freuen uns über jeden Beitrag.

Außerdem: Zeigt euch solidarisch und steht gemeinsam mit uns ein für einen wachen, vielfältigen, respektvollen Literaturbetrieb, indem ihr euch in unsere Unterstützer*innenliste eintragt.

 

Gibt es Pläne für die Zukunft? In welche Richtung soll sich das Aktionsbündnis entwickeln?

Ganz aktuell läuft unsere Planung der Leipziger Buchmesse 2025 auf vollen Touren. Gemeinsam arbeiten wir an der Organisation spannender, politisch relevanter Podiumsdiskussionen und Gesprächsrunden mit tollen Expert*innen und Kulturschaffenden zu aktuell wichtigen Fragen.

In den letzten Jahren sind wir stetig gewachsen, haben große Projekte, wie beispielsweise die Plakate gegen Rechts-Aktion, umgesetzt und zahlreiche Veranstaltungen auf den Buchmessen und außerhalb organisiert. Natürlich soll das weiter gehen: Wir wollen weiterhin auf den Buchmessen und in der Kulturwelt stattfinden und breitestmögliche linke Bildungsangebote bereitstellen, im Kulturbetrieb als Impulsgeber*innen fungieren und für die Sichtbarkeit von Themen sorgen, die keine mächtige Lobby haben.

Aktuell läuft unter anderem das Projekt, einen ermächtigenden Leitfaden „Rechte Verlage aufdecken“ zu erarbeiten, denn nach so was fragen uns Buchhändler*innen, Aktivisti, Autor*innen und viele andere.

Zunächst einmal gilt weiterhin der Ruf „Positioniert Euch!“

 

Mehr zum Thema gesellschaftliches Engagement bei Budrich …

… finden Sie auf der Übersichtsseite.

 

© Bildmaterial: Verlage gegen Rechts; Bild Demo: Maximilian Probst für Verlage gegen Rechts