Schreibratgeber und die Sicht der Verlegerin – Wissenschaftsblog von Barbara Budrich

Auch Verlagsleute werden gelegentlich zu Autor*innen. Wir haben eine eigene Perspektive auf Publikationen und Publikationsprozesse, auf das Geschehen am Buch- und Zeitschriftenmarkt. Eine Perspektive, die auch für Autor*innen und Forschende von Interesse sein kann, wie ich erfahren durfte, als ich von Katrin Burkhalter und Bernadette Rieder eingeladen wurde, an ihrem Buch über Schreibratgeber mitzuarbeiten.

In den letzten Jahren war von Seiten der Politik und der Politikberatung vor allem meine Expertise im Bereich des Urheberrechts gefordert. (Nicht „gefragt“ im Wortsinne, denn was ich inhaltlich dazu zu sagen hatte, zum Beispiel an Kritik zum Urheberwissensgesellschafts-Gesetz oder Open Access um jeden Preis, das wollten meine Gegenüber in der Regel weder hören noch wissen.) Umso mehr habe ich mich gefreut, mich dieser ganz anderen Thematik widmen zu dürfen: Schreibratgeber aus Verlagssicht.

Wissenschaftliche Erkenntnisse zum Schreiben über das wissenschaftliche Schreiben

Seit Beginn meiner Arbeit im Wissenschaftsverlag hat sich das Genre der Schreibratgeber im deutschsprachigen Raum intensiv weiterentwickelt. Gab es im vergangenen Jahrhundert vereinzelte deutsche Ratgeberliteratur für wissenschaftlich Schreibende, so gibt es mittlerweile (2022) eine ungeheure Vielzahl an Publikationen zum Thema (auch bei uns im Haus). Teils enthalten diese Publikationen wissenschaftliche Grundlagen und Theorie, vor allem aber liefern sie viele Tipps und Tricks aus der Praxis für die Praxis.

Nicht alle Ratgeberautor*innen orientieren sich am gleichen Ideal: Nicht jede*r schreibt das Gleiche, möchte das Gleiche erreichen und bedient sich dafür der gleichen Tools. (Was dazu führen würde, dass wir mit einem einzigen Buch bereits ausreichend versorgt wären.) Dieser Zweig der Ratgeberliteratur – wie Ratgeber generell – kann also jene Irritation und Orientierungslosigkeit verstärken, die den Griff zu dieser Art Buch auslöst.

Wissenschaftlich und an der Praxis orientiert

Den Herausgeber*innen des Bandes „Schreibratgeber für die Hochschule. Eine Buchsorte zwischen Wissenschaft und Markt“ war es ein Anliegen, wissenschaftlich über Schreibratgeber nachzudenken und zugleich Menschen aus der Praxis, nämlich „vom Markt“, hinzuzuholen. So sind neben einschlägigen Wissenschaftler*innen an diesem Band ein Ratgeberautor beteiligt (der auch wissenschaftlich in diesem Bereich arbeitet, also hat Otto Kruse folgerichtig zwei Beiträge beigesteuert), eine Bibliothekarin sowie Schreib-Lehrende – und eine Verlegerin.

Es macht Spaß, aus einer Metaperspektive über das eigene marktorientierte Handeln und die eigenen Erfahrungen und Beobachtungen nachzudenken. Die Frage der Herausgeberinnen, ob denn Schreibratgeber tatsächlich am ehesten für ratsuchende Schreibende verfasst werden oder ob sie sich denn etwa eher an jene wendet, die Rüstzeug für Schreibdidaktik benötigen, vermag ich nicht abschließend zu beantworten. Allerdings vermute ich, dass die große Zahl der sehr unterschiedlichen Schreibratgeber darauf hinweist, dass es die Schreibenden selbst sind, die sich hier Rat und Unterstützung erhoffen. Übrigens: Ich lese sie gern, denn für meine Arbeit zum Beispiel als Workshop- oder Schreibclub-Leiterin lasse ich mich gern inspirieren und gebe einschlägige Empfehlungen.

Doch ist klar – und auch das konstatieren Katrin Burkhalter und Bernadette Rieder in diesem Band – schreiben lernt man nur durch schreiben. Unabhängig davon, wie viele Schreibratgeber wir verlegen oder Sie lesen mögen!

 

Zur Person Barbara Budrich

Im Jahr 1993 begann sie die Arbeit als Lektorin im Verlag Leske + Budrich, der ihrem Vater Edmund Budrich gehörte. Im Jahre 2004, nach dem Verkauf von Leske + Budrich, gründete Barbara Budrich ihr erstes eigenes Unternehmen, den Verlag Barbara Budrich. 2007 gründete sie die Budrich UniPress Ltd., die 2019 in Budrich Academic Press überführt wurde.

Sie hat zahlreiche Bücher und Aufsätze publiziert, wird zu unterschiedlichen Anlässen als Rednerin eingeladen – vom wissenschaftlichen Publizieren bis hin zu Unternehmensthemen – und ist vielfach ausgezeichnet. Weitere Informationen zu ihr auf ihrer eigenen Webseite.

 

Bild Barbara Budrich: Nina Schöner Fotografie.

 

Beitragsbild: pexels.com / Karolina Grabowska